Wie ist das mit den einzuhaltenden Nüchternzeiten?

Sicher hast du bereits von einem Arzt oder auch beim Lesen dieser Seiten erfahren, dass die wichtigste Maßnahme zur Verhinderung der früher oft schwerwiegenden Auswirkungen des MCAD-Mangels darin besteht, die Mahlzeitenabstände nicht zu groß werden zu lassen.

Die folgende Tabelle zeigt ein mögliches Beispiel der empfohlenen maximalen Nüchternzeiten für Kinder unterschiedlichen Alters.

Falls du von deinem Stoffwechselarzt die MCAD-Broschüre von Nutricia Metabolics (früher von Milupa) ausgehändigt bekommen hast, unterscheiden sich im Vergleich dazu sowohl die aufgeführten Altersbereiche, als auch die angegebenen maximalen Nüchternzeiten. Eventuell hast du aber auch eine von deiner Stoffwechselambulanz selbst zusammengestellte Tabelle erhalten, die wiederum andere Altersbereiche und Zeitabstände nennt.

In den damaligen Forumsdiskussionen zeigte sich immer wieder, dass sich aufgrund der Verwirrung über die unterschiedlichen Tabellen und überhaupt wegen der teilweise stark voneinander abweichenden Nüchternzeiten bei den Eltern eine ganze Reihe von Missverständnissen festsetzten, die nach einiger Zeit nur noch schwer wieder überwunden werden konnten. Teilweise wurden und werden diese Missverständnisse sogar durch die betreuenden Stoffwechselärzte selbst hervorgerufen, da diese oft selbst ein etwas verzerrtes Bild von der Bedeutung dieser Tabellen haben. Aus diesem Grund soll an dieser Stelle auf die gravierendsten Missverständnisse eingegangen werden.

1. Missverständnis: Es handelt sich bei den angegebenen Zeiten um einzuhaltende Mahlzeiten-Abstände

Nein, sondern es handelt sich um maximale Zeitabstände, die nach Belieben unterschritten werden können, aber nach Möglichkeit nicht überschritten werden sollten. Leider gibt es in fast jedem Bekannten- oder auch Freundeskreis immer wieder andere “wohlmeinende” Mütter, die sich mit Kommentaren wie “Na, mit 6 Monaten muss ein Kind ja wohl in der Lage sein, schon mal 8 Stunden am Stück zu schlafen! Meines konnte das jedenfalls!” nicht zurückhalten können. Diese Einstellung solltest du im Interesse deines Kindes nicht für dich selbst übernehmen. Auch wenn laut Tabelle für Säuglinge >6 Monate 8 Stunden Nüchternzeit durchaus zulässig zu sein scheinen, bedeutet dies nicht, dass ein Kind dann auch darauf trainiert werden muss, diese 8 Stunden tatsächlich nüchtern zu bleiben. Sollte dein Kind zu den wenigen Exemplaren gehören, die tatsächlich schon mit 6 Monaten 8 und mehr Stunden am Stück und ohne zwischenzeitliche Nahrungsaufnahme durchschlafen wollen, bedeuten diese Zeiten nur, dass es spätestens nach diesen 8 Stunden von dir geweckt werden sollte, um ihm neue Nahrung zuzuführen.

2. Missverständnis: Laut MCAD-Broschüre gelten tagsüber und nachts die gleichen maximalen Nüchternzeiten!

Da die Tabelle in der alten Milupa-Broschüre pro Altersbereich nur eine zeitliche Angabe aufführt, kann dieser Eindruck wirklich entstehen − vor allem dann, wenn man den Textabschnitt, in den die Tabelle eingebettet ist, nicht sorgfältig liest. Daraus geht nämlich hervor, dass die in der Tabelle genannten Zeiten sich auf die nicht zu überschreitenden nächtlichen Nahrungspausen beziehen.

Zwischen Abendessen und Frühstück liegt im Normalfall ein deutlich größerer Abstand (>12 Stunden), als zwischen Frühstück und Mittagessen oder zwischen Mittag- und Abendessen, wobei die Pausen zwischen diesen Mahlzeiten meist ohnehin noch durch Zwischenmahlzeiten wie Obst oder andere Snacks ausgefüllt werden. All dies ist aber während des Nachtschlafs nicht gegeben. Daher weist die frühere Milupa-Broschüre mit dieser Tabelle ausdrücklich darauf hin, dass insbesondere nachts die angegebenen Zeiten nicht überschritten werden sollten. Es ist deshalb angeraten, eine Spät- oder sogar Nachtmahlzeit zur Sicherheit von Anfang an als festen Bestandteil jeder Nacht einzurichten.

Auf die tagsüber im Auge zu behaltenden maximalen Nüchternzeiten geht die alte Milupa-Broschüre jedoch überhaupt nicht ein, da man wohl annahm, dass kritische Energiemangelzustände tagsüber aufgrund der Haupt- und Zwischenmahlzeiten ohnehin nicht eintreten werden und die Eltern vor allem auch sehr schnell merken werden, wenn das Kind apathisch wirkt oder sich sonstwie eigenartig verhält. Sie sind dann in der Lage entsprechend mit neuer Nahrung gegensteuern zu können. Während des Nachtschlafs sieht man dem Kind dagegen nicht an, wenn es in einen kritischen Energiemangelzustand abgleitet. Deshalb legt die Broschüre mit dieser Tabelle den besonderen Augenmerk auf die nach Möglichkeit nicht zu überschreitenden und für das jeweilige Alter als sicher geltenden nächtlichen maximalen Nüchternzeiten.

Es wird aber jedem einsichtig sein, dass ein Kind, Jugendlicher und auch Erwachsener während des Tages und somit der wachen und körperlich aktiven Zeit deutlich mehr Energie verbraucht, als während des Nachtschlafs, wenn alle Körperfunktionen auf Sparflamme laufen und der gesamte Anteil des Leistungsumsatzes (siehe dazu diesen Artikel) wegfällt. Wenn die alte Milupa-Tabelle somit die maximalen Nüchternzeiten während der Nacht nennt (und genau darauf weist sie ausdrücklich hin), müssen die für tagsüber anzusetzenden Zeiten dem hinzukommenden Energiebedarf aufgrund des Leistungsumsatzes Rechnung tragen und folglich etwas verkürzt werden (siehe die obige Tabelle).

Die Tabelle der Milupa-Broschüre enthält deshalb nicht, wie es von vielen Eltern und auch Ärzten verstanden wird, eine deutlich großzügigere Regelung für die während des Tages im Blick zu behaltenden Nüchternzeiten, sondern sie unterlässt es einfach nur, hierzu eine deutliche Aussage zu machen.

3. Missverständnis: Die Zeitangaben in den Tabellen sind für mich verbindliche Regeln

Aus dem oben formulierten 1. Missverständnis in Kombination mit dem Vorliegen der alten Milupa-Broschüre resultiert oft auch eine große Unsicherheit − nämlich genau dann, wenn entweder der Tag erreicht ist, an dem das Kind laut Tabelle von dem einen Altersbereich in den nächsten rutscht, oder wenn man bei einem der regelmäßigen Kontrolltermine in der Stoffwechselambulanz mitgeteilt bekommt, dass das Kind aufgrund seines Alters jetzt plötzlich nachts zwei Stunden länger schlafen kann.

Lass dir nichts einreden! Dein Kind könnte laut Aussage der Tabelle nun vermutlich bedenkenlos bis zu zwei Stunden länger schlafen, aber es muss nicht! Ganz oft schildern betroffene Eltern, dass für ihr Kind jetzt eine um zwei Stunden längere Nüchternzeit “gelte”, sie sich mit dem Gedanken aber nicht so richtig anfreunden könnten, sondern lieber bei den bis jetzt geltenden Zeiten bleiben würden, weil sie sich damit inzwischen gut und sicher fühlen. Manche dieser Eltern stellen die nächtliche Weckzeit dann aber auch wirklich von heute auf morgen um zwei Stunden vor, und haben wochen- und monatelang ein schlechtes Gefühl dabei; andere wiederum erhöhen den zeitlichen Abstand erst einmal nur um eine halbe Stunde oder auch gar nicht, und haben dabei ebenfalls ein schlechtes Gewissen − weil es der Arzt doch anders angeordnet hatte!

Beide Haltungen resultieren aus einem falschen Verständnis über die Bedeutung und die Verbindlichkeit der in den Tabellen genannten Zeiten, und dieses falsche Verständnis gilt es frühzeitig abzulegen!

Die in den Tabellen oder vom Stoffwechselarzt genannten Zeiten sind lediglich Empfehlungen, keine verbindlichen Regeln. In deiner Rolle als Rat suchendes Elternteil hast du den Arzt gefragt, was du beachten musst, damit deinem Kind nichts passiert, und der Arzt hat dir daraufhin eine Tabelle oder eine Stundenangabe an die Hand gegeben, bei deren Nichtüberschreitung es der Erfahrung der letzten Jahre nach zu keinen Stoffwechselentgleisungen gekommen ist. Mehr ist es nicht. Die Tabelle, bzw. die darin enthaltenen Zeiten spiegeln Erfahrungswerte und somit Empfehlungen einzelner Ärzte oder Kliniken wieder (halt derjenigen, die eine entsprechende Tabelle letztlich veröffentlicht haben), die dir lediglich helfen sollen, ein Gefühl für den sicheren Umgang mit dem MCAD-Mangel zu bekommen. Es handelt sich nicht um Anweisungen, die es zu befolgen gilt, und bei deren Nichtbefolgung du mit berechtigtem Tadel durch deinen Arzt, oder sogar mit rechtlichen Konsequenzen zu rechnen hättest. Insofern ist es völlig dir überlassen, ob du die für das Alter deines Kindes laut Erfahrungen der Ärzte problemlos sicheren Zeiten bis zum Ende ausreizt, oder ob du sie “eigenmächtig” um ein oder mehr Stunden verkürzt. Sogar verlängern könntest du die Zeiten − aber wer macht das schon?

Es kann großen Sinn machen, das Kind von Anfang an langsam an eine immer zur genau gleichen Zeit erfolgende nächtliche Zwischenmahlzeit zur Auffrischung der Kohlenhydratvorräte zu gewöhnen, z.B. um 2 Uhr nachts. Es wäre völlig unsinnig, diese Nachtmahlzeit irgendwann auf 4 Uhr zu verschieben, bloß weil das Kind laut Tabelle nun 2 Stunden mehr abkönnen müsste, oder weil das Kind sein Abendessen inzwischen immer zu einem späteren Zeitpunkt zu sich nimmt. Zeitliche Verschiebungen würden sowohl bei deinem Kind als auch bei dir zu unnötigem Stress und schlechtem Schlaf führen. Führe lieber ein Ritual bzw. einen festen Zeitpunkt für die Nachtmahlzeit ein, an dem dein Kind auch in späteren Jahren noch festhalten kann − selbst wenn der zeitliche Abstand zum Abendessen dann nur 6 Stunden beträgt, und dein Kind laut Tabelle schon 10 Stunden verkraften könnte.

Der Vorteil der obigen Tabelle im Vergleich zu der Tabelle aus der alten Milupa-Broschüre

Besonders groß sind die Unterschiede zwischen den kursierenden Tabellen ja überhaupt nicht, aber auch kleine Details können in der Praxis zu großen Problemen führen. Stell dir dich selbst in der folgenden Situation vor: laut Aussage deines Stoffwechselarztes solltest du dein Kind bis zum Alter von 6 Monaten auf keinen Fall länger als 6 Stunden nüchtern lassen. Du hast also den Wecker nachts nach dem letzten Füttern immer um 6 Stunden weiter gestellt. Nach diesen 6 Monaten bekommst du beim neuen Termin in der Stoffwechselambulanz vom Arzt gesagt, dass dein Kind ab jetzt immer bis zu 8 Stunden nüchtern bleiben könne. Was hat sich von gestern auf heute geändert? Das Kind ist einen Tag älter geworden, sonst nichts! Es darf aber plötzlich zwei Stunden länger nüchtern bleiben. Warum durfte es das dann gestern noch nicht? Und warum “gelten” diese 8 Stunden dann laut Milupa-Broschüre bis zum Ende des dritten Lebensjahres − und dann sind es bis zum Ende des 7. Lebensjahres maximal 10 Stunden. Was verändert sich bei dem Kind am Tag des vierten Geburtstags, sodass es da wieder zwei Stunden mehr sein dürfen.

Von einem Tag zum anderen sind die bei deinem Kind stattfindenden körperlichen Veränderungen natürlich sehr gering und kaum wahrnehmbar. Die Tabelle der alten Milupa-Broschüre fasst deshalb zur reinen Vereinfachung die verschiedenen Altersabschnitte zusammen und nennt als maximale Nüchterntoleranzzeit einen Mittelwert. Ob dieser Mittelwert aber am Anfang des Alterszeitraumes, an seiner Mitte oder am Ende ausgerichtet wurde, ist aus der Tabelle jedoch nicht zu ersehen. Wenn die angegebenen Zeiten, so wie es im Text klingt, tatsächlich die maximale zeitliche Ausbaustufe für einen bestimmten Altersbereich darstellen, ist es schwer verständlich, weshalb dann plötzlich von heute auf morgen zwei weitere Stunden Nüchternzeit in Ordnung sein sollten.

Die obige Tabelle drückt den tatsächlichen Sachverhalt etwas besser aus. Zusätzlich zu den ergänzend aufgenommenen Empfehlungen für Neugeborene (die ersten 3-4 Wochen) und Säuglinge innerhalb der ersten 3 Monate, für die 6 Stunden Nüchternzeit alleine schon vom persönlichen Gefühl her viel zu lang erscheinen, sind auch für die restlichen Altersbereiche keine festen Stundenangaben, sondern Zeitbereiche genannt. Diese sollen verdeutlichen, dass es z.B. für einen Säugling ab 3 Monate einfach mit den zuvor als maximale Grenze empfohlenen 4 Stunden weitergehen kann und die Eltern diese Zeitspanne bis zum Ende des 6. Monates allmählich auf bis zu 6 Stunden ausdehnen können. Zu Beginn des nächsten Altersbereichs (6-12 Monate) geht es mit diesen 6 Stunden weiter, und wenn Eltern und Kind dazu bereit sind, können sie nach eigenem Tempo die Zeiten bis zum ersten Geburtstag langsam auf bis zu 8 Stunden strecken − müssen sie aber nicht. Diese Tabelle drückt somit etwas besser die eigentlich lineare Steigerungsmöglichkeit der maximalen Nüchternzeiten aus, als die Milupa-Tabelle mit den abrupten 2-Stunden-Sprüngen.

Zusätzlich verdeutlicht diese Tabelle noch, dass die als wirklich wichtigste Maßnahme im Auge zu behaltenden maximalen Nüchternzeiten nicht mit dem Erreichen des Schulalters bedeutungslos werden, sondern das ganze Leben lang beibehalten werden müssen, um immer auf der sicheren Seite zu sein.

4. Missverständnis: Jenseits der “maximalen” Zeiten wird das Kind sehr schnell in eine Entgleisung rutschen.

Dieses Missverständnis resultiert manchmal aus dem eigentlich korrekten Verständnis der 1. Aussage − nämlich, dass es sich bei den in der Tabelle angegebenen Zeiten nicht um einzuhaltende Mahlzeitenabstände, sondern um maximale Nüchternzeiten handelt. Der Begriff “maximale” erweckt dabei aber den Eindruck, dass es sich dabei um die alleräußerste Grenze handelt und die Kinder selbst bei ganz kurzen Überschreitungen dieser Zeiten sofort in eine riskante Stoffwechselkrise abrutschen könnten. Es scheint, dass diese auf das jeweilige Alter bezogenen Zeiten immer den am Rande der Klippe entlang des Abgrundes führenden Weg beschreiben würden und die kleinste Abweichung zur falschen Seite sofort den Absturz nach sich ziehen könnte.

Vermutlich jedes Elternpaar erlebt am Anfang seines Weges mit dem MCAD-Mangel die Situation, dass man nachts einmal aufgrund eigener Erschöpfung den für das rechtzeitige Füttern des Kindes gestellten Wecker einfach wieder abschaltet und sofort erneut einschläft. Irgendwann wacht man dann mit einem riesigen Schrecken auf, steht förmlich im Bett, blickt ungläubig auf die Uhrzeit und realisiert voller Panik, dass man die “zulässige” maximale Nüchternzeit um ein bis mehrere Stunden überschritten hat. Man rennt zum Bettchen des Kindes, voller Angst, dass es aufgrund dieses einmaligen Versehens bereits verstorben sein könnte.

Diese Angst ist aber eigentlich unnötig. Obwohl man den MCAD-Mangel nicht auf die leichte Schulter nehmen und deshalb die Nichtüberschreitung der empfohlenen Zeitabstände immer im Blick behalten sollte, enthalten diese Zeiten, bezogen auf ein gerade rundum gesundes Kind, einen sehr großen Sicherheitspuffer. Man bewegt sich mit einer maximalen Nüchterntoleranzzeit von z.B. 8 Stunden also im Normalfall nicht direkt am Rand der Klippe, sondern auf einem Weg, der mehrere Meter vom Abgrund entfernt entlangführt.

Die ganzen Zeitempfehlungen basieren auf statistischen Auswertungen von einzelnen an unterschiedlichen Kliniken durchgeführten Fastenversuchen, sowie aus der medizinischen Fachliteratur zusammengetragenen Berichten von festgestellten Entgleisungen der vergangenen Jahre (größtenteils aus der Zeit vor dem Neugeborenenscreening) und den daraus ermittelten Ergebnissen für sichere und unsichere Zeiten.

zum Verständnis: Sichere und unsichere Zeiten

Als sichere Zeiten betrachtet man diejenigen Wertepaare (Alter des Kindes / Nüchternzeit), bei denen bis zum erneuten Füttern keinerlei Symptome oder deutlich sinkende Blutzuckerwerte aufgetreten sind. Die dabei gemessenen Zeiten zwischen 8 und 24 Stunden bedeuten aber nicht, dass es bei den betreffenden Kindern nur bis zu dem jeweiligen Zeitpunkt gut lief, und der Stoffwechsel unmittelbar danach gekippt wäre. Manche dieser Fastenversuche waren von Beginn an für eine bestimmte Zeitspanne angesetzt, manche wurden auch nach einer gewissen Zeit von den Eltern abgebrochen, weil man den nach Nahrung verlangenden Säugling oder das Kleinkind einfach nicht mehr länger im Dienste der Wissenschaft hungern lassen wollte. Die in den Versuchen ermittelten sicheren Zeiten bedeuten somit ganz einfach nur: Das Kind hat während des Experiments für eine bestimmte Zeit keine Nahrung zu sich genommen, und es ist ihm nichts passiert.

Für die Aufstellung von Empfehlungstabellen zu maximalen Nüchterntoleranzzeiten sind diese teilweise sehr langen sicheren Zeiten aber relativ belanglos, denn an anderen Tagen, mit anderer Zusammensetzung der vorangegangenen Mahlzeit oder anderem Gesundheitszustand könnte das Ergebnis bei diesen Kindern auch anders ausgesehen haben. Nützlich sind daher vor allem die Ergebnisse aus Versuchen oder in der Literatur berichteten Entgleisungsfällen, bei denen sich nach einer gewissen Zeit dann doch erste im Verhalten des Kindes erkennbare Energiemangelsymptome oder ein abfallender Blutzuckerspiegel zeigten. Diese Symptome traten den Studien zufolge bei den untersuchten Kindern bis 30 Monate hauptsächlich im Bereich zwischen 13 bis 20 Stunden auf, es gab aber auch Ausnahmen, bei denen erst jenseits der 30 Stunden erste Auffälligkeiten festgestellt wurden. Ziel der Empfehlungstabellen ist es jedoch, mit der auf einen bestimmten Altersbereich bezogenen maximalen Nüchterntoleranzzeit grundsätzlich deutlich unter der kürzesten dabei gemessenen Zeitspanne zu bleiben. Da es weltweit nur wenige dieser Fastentests gab, kann aus den daher auch nur wenigen statistisch auswertbaren Daten nicht sicher geschlussfolgert werden, dass 13 Stunden für ein Alter von 12 Monaten tatsächlich die unterste Grenze sind und es nicht bei einem anderen, nicht untersuchten Kind vielleicht auch schon nach 11 oder 12 Stunden zu Symptomen gekommen wäre. Daher liegen die empfohlenen maximalen Nüchterntoleranzzeiten je Altersbereich immer deutlich − also mehrere Stunden − unterhalb der kürzesten bisher getesteten Zeitspanne, ab der erste Symptome aufgetreten sind.

An dieser Stelle soll aber auch nochmal auf die Bedeutung der zuvor beschriebenen sicheren Zeiten zurückgekommen werden. Auch wenn die verschiedenen kursierenden Tabellen der maximalen Nüchterntoleranzzeiten es suggerieren − es gibt keine harte Grenze zwischen sicheren und unsicheren Zeiten. Bei den meisten Säuglingen und Kleinkindern sind in diesen überwachten Versuchen auch lange nach Überschreitung der üblichen empfohlenen Zeiten noch keinerlei Symptome aufgetreten.

Diese letzte Feststellung soll aber keineswegs zur Unachtsamkeit oder gar absichtlichen Ausdehnung der Mahlzeitenabstände über die empfohlenen Zeiten hinweg ermuntern. Sie soll lediglich zur Beruhigung beitragen, dass sich das eigene Kind bei Nichtüberschreitung der maximalen Nüchterntoleranzzeiten − insbesondere in gesunden Zeiten, also ohne Vorliegen einer Krankheit mit erhöhtem Energiebedarf oder Nahrungsverweigerung − sehr weit im sicheren Bereich befindet und kein Grund zur Sorge besteht.

Fazit

Manche Eltern empfinden die in den Tabellen genannten Zeiten für die maximalen Nüchterntoleranzzeiten über Jahre hinweg als warnend erhobenen Zeigefinger, als von den Ärzten auferlegt Vorschrift für das tägliche Leben oder gar als ständig präsente Bedrohung (“wenn ich auch nur einmal unachtsam bin und die Zeiten überschreite, passiert meinem Kind was − denn jenseits der x Stunden befindet sich der Abgrund.”)

Diese Sichtweise basiert jedoch auf möglicherweise vorliegenden Missverständnissen, wie oben aufgezeigt, denn diese Tabellen sollen nicht dazu dienen, die Eltern und später die Kinder selbst mit Vorschriften zu knechten, sondern ihnen einen möglichst unbeschwerten Umgang mit dem MCAD-Mangel im täglichen Leben ermöglichen. Sie sind nicht als “wenn du das nicht penibel einhältst, passiert was Schlimmes!” zu verstehen, sondern als “wenn du dein Kind einfach nur innerhalb der Zeiten dieser Tabelle fütterst, ist es nach allen bisherigen Erfahrungen völlig sicher. Mach dir keinen überflüssigen Stress.Mahlzeiten Abstände