Gibt es bestimmte Lebensmittel oder Nährstoffe, die mein Kind nicht zu sich nehmen darf?

Hinsichtlich dieser Frage, ob es bzgl. des MCAD-Mangels extra sinnvolle oder vielleicht auch problematische Lebensmittel gibt, gehen die Meinungen unter den deutschen Stoffwechselärzten mal wieder weit auseinander, und letztlich bleibt es jeder von einem MCAD-Mangel betroffenen Familie selbst überlassen, welche dieser Ansichten man am besten nachvollziehen kann und welcher man sich letztlich anschließen will. Man kann sich aber mit ein wenig Nachdenken auch eine eigene Meinung zu dem Thema bilden, denn es ist nicht besonders schwer, die Zusammenhänge zu verstehen und daraus dann ein paar die Ernährung betreffende Schlüsse zu ziehen.

Die einfachste, von einigen Stoffwechselärzten geäußerte Ansicht, muss man nicht weiter ausführen, denn an “Ihr Kind kann alles essen, Sie müssen überhaupt nichts beachten!” gibt es nicht viel herumzudeuten. Worüber man lediglich diskutieren könnte, ist die Frage, ob diese Aussage aus einer bereits erfolgten tiefergehenden Beschäftigung mit den beim MCAD-Mangel gestörten Stoffwechselvorgängen resultierte oder ob es sich um eine reine Vermutung aufgrund nur geringfügiger MCAD-Kenntnisse handelt.

Nochmal zu den Grundlagen des MCAD-Mangels

Um sich dem Thema zu nähern, muss man sich noch einmal ganz grob vor Augen halten, was beim MCAD-Mangel nicht richtig funktioniert und welche Seiteneffekte dies haben kann.

Ganz extrem vereinfacht dargestellt bewirkt der MCAD-Mangel, dass die Verwertung von Fettsäuren im Körper eines davon betroffenen Menschen nach den ersten paar Verarbeitungsschritten bei mittelkettiger Restlänge endet, weil das für die weitere Aufspaltung der Kohlenstoffketten benötigte MCAD-Enzym einen “Mangel” aufweist.

Die meisten in der natürlichen Nahrung vorkommenden Fette bestehen aus langkettigen Fettsäuren, von denen durch die vor dem MCAD-Enzym an die Reihe kommenden Enzyme noch einige Stücke abgespalten und zur Energiegewinnung genutzt werden können. Nur ganz wenige Lebensmittel enthalten neben den langkettigen auch einen Anteil von vorneherein nur mittelkettiger Fettsäuren.

Jede Fettsäurenkette wird aufgrund des MCAD-Mangels im Laufe ihrer Verwertung irgendwann bei mittelkettiger Restlänge enden, mit Hilfe von Carnitin aus den Mitochondrien als Acylcarnitin ausgeschleust und schließlich über die Nieren ausgeschieden werden. Das zum Abtransport aus den Mitochondrien angekoppelte Carnitin geht dabei verloren, denn es verlässt den Körper und steht damit nicht zur weiteren Verwendung zur Verfügung. Diesbezüglich macht es keinen Unterschied, ob ein Lebensmittel ausschließlich langkettige Fettsäuren enthält, oder ob es auch einen gewissen Anteil mittelkettiger Fettsäuren aufweist. Jede einzelne in den Mitochondrien verwertete Fettsäure, egal ob aus der gerade aufgenommenen Nahrung oder aus dem gespeicherten Körperfett, wird als mittelkettiger Rest mitsamt eines Carnitinmoleküls ausgeschieden.

Der Unterschied besteht einfach darin, dass bei der Verarbeitung von langkettigen Fettsäuren ein gewisser Restnutzen durch die zunächst noch abgespaltenen 2er Kohlenstoffketten besteht, während eine zur Verwertung in die Mitochondrien transportierte mittelkettige Fettsäure nur zu einem Carnitinverlust führt, ohne zuvor noch etwas zur Energiegewinnung beizusteuern. In diesem Zusammenhang spielt nur das direkt verwertete Nahrungsfett der täglichen Mahlzeiten eine Rolle, denn das nicht benötigte und per Lipogenese in Körperfett umgewandelte Nahrungsfett wird grundsätzlich in Form von langkettigen Fettsäuren gespeichert. So kann kein mittelkettiges Fett mehr aus den Fettspeichern in die Mitochondrien gelangen.

Lebensmittel mit mittelkettigen Fetten?

Soweit die zu berücksichtigenden Hintergründe. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint es logisch, dass zur Vermeidung von unnützem Carnitinverlust der Anteil der mittelkettigen Fettsäuren in der täglichen Ernährung möglichst gering gehalten werden sollte. Dies erfordert allerdings keinen großen Aufwand, wenn man ein paar simple Informationen im Hinterkopf behält:

1. von allen natürlichen Produkten enthalten lediglich Kokosöl und Palmkernöl einen großen Anteil mittelkettiger Fettsäuren. In Kokosfett ist der Anteil dagegen deutlich geringer, aber immer noch bei ungefähr 10% der gesamten Fettsäurenmenge. Im Gegensatz zum Palmkernöl wird das heutzutage in sehr vielen Lebensmitteln enthaltene Palmöl/Palmfett, trotz des ähnlich klingenden Namens, nicht aus den Kernen, sondern aus dem Fruchtfleisch der Früchte der Ölpalme gewonnen und besteht fast ausschließlich aus langkettigen Fettsäuren.

2. Das ausschließlich aus mittelkettigen Fettsäuren bestehende MCT-Fett, bzw. MCT-Öl sollte vollständig vermieden werden. Dieses spezielle Produkt wird industriell aus dem bereits erwähnten Kokosöl oder Palmkernöl extrahiert. Man findet es in speziellen Babynahrungsprodukten, die vor allem bei Durchfallproblemen zur Anwendung kommen. Außerdem wird es als MCT-Öl in Reformhäusern verkauft und stellt für Menschen mit VLCAD- oder LCHAD-Mangel einen wichtigen Nahrungsbestandteil dar, da diese keine langkettigen Fettsäuren verarbeiten können und entsprechende Fette in der Nahrung nach Möglichkeit vermeiden müssen. Bezüglich des Vorkommens in der Nahrung kommt regelmäßig die Frage auf, ob die normale verwendete Babynahrung nicht unbemerkt ebenfalls MCT-Öl enthalten könne, wenn z.B. mit einer besonders guten Verdaubarkeit geworben wird. Die Verwendung von MCT-Öl wird aber seitens aller Hersteller als besonderes Merkmal herausgestellt und deshalb auf den dieses Fett enthaltenen Produkten mit besonders auffälliger Erwähnung auf der Verpackung hervorgehoben. Sofern eine Verpackung also nicht ausdrücklich und ganz deutlich erwähnt, dass MCT enthalten ist, braucht man sich keine Gedanken darum machen, ob es vielleicht doch drin sein könnte. Im Zweifelsfall fragt man aber einfach vor der Auswahl eines Produktes in der Apotheke nach dessen Inhaltsstoffen und ob MCT oder “mittelkettige Triglyceride” enthalten sind.

Abschließend zu diesem Punkt muss aber eines noch ganz deutlich herausgestellt werden: Die vereinzelte Aufnahme geringer Mengen mittelkettiger Fette stellt für Kinder mit MCAD-Mangel keine Gefahr dar, und man muss keine Angst davor haben, seinem Kind durch ein paar vielleicht versehentlich oder unbewusst in der Nahrung enthaltene mittelkettige Fette schwer zu schaden. Weder Kokosöl, Kokosfett, Palmkernöl noch sogar reines MCT-Öl sind unmittelbar schädlich, wenn diese gelegentlich und in geringfügigen Mengen mit der Nahrung aufgenommen werden. Sie werden auch keine Entgleisung begünstigen oder gar hervorrufen. Wie oben erwähnt, werden im Verlauf der Fettsäurenverwertung grundsätzlich alle Fette irgendwann zu mittelkettigen Fettsäuren verkürzt. Im Hinterkopf behalten sollte man nur den Umstand, dass die von vorneherein nur mittelkettig vorliegenden Fettsäuren selbst keinen Restnutzen zur Energiebereitstellung leisten können, sondern zwecks Ausscheidung lediglich Carnitin verbrauchen, was nach Möglichkeit vermieden werden sollte.Lebensmittel Weitere Informationen findest du im Artikel “Ernährung beim MCAD-Mangel“.