Ernährung beim MCAD-Mangel

Eine professionelle Ernährungsberatung für die Eltern? Schön wär’s!

In fast jedem zu findenden Artikel über den MCAD-Mangel wird die Frage nach einer angemessenen Ernährung beim MCAD-Mangel zwar irgendwo beantwortet, trotzdem ist die gegebene Antwort so gut wie nie eine wirkliche Hilfe. Da ist nämlich immer in etwa das Gleiche zu lesen: “Für ein vom MCAD-Mangel betroffenes Kind ist eine kohlenhydratbetonte und etwas fettreduzierte, ansonsten aber altersgerechte Ernährung angeraten.” oder auch “Sofern die maximalen Nahrungspausen nicht überschritten werden, kann das Kind völlig normal ernährt werden!”

Das sind einerseits weitestgehend völlig korrekte und anscheinend umfassende Aussagen, die aber andererseits einen dermaßen großen Interpretationsspielraum zulassen, dass sie verunsicherten und konkreten Rat suchenden Eltern oft leider überhaupt nicht weiterhelfen. Gerade die Ernährung des von einer sehr seltenen Stoffwechselkrankheit betroffenen Kindes ist ein Thema, bei dem man als Eltern möglichst alles richtig machen möchte, denn schließlich dreht sich das ganze Problem ja ausschließlich um die Essensaufnahme und -verwertung. Genau an diesem Punkt fühlen sich viele besorgte Eltern besonders verunsichert und alleine gelassen! Im direkten Zusammenhang mit dem MCAD-Mangel findet man einfach keine nützlichen Informationen zur Ernährung und auch im persönlichen Gespräch mit den Ernährungsexperten bekommt man häufig nur dann konkrete Antworten, wenn man konkrete Fragen stellt − aber auf diese muss man erst einmal kommen!

Es stellen sich dadurch nur noch mehr Fragen: Reicht das Stillen für den Säugling denn aus? Gelten die von der Hebamme genannten Empfehlungen für die Einführung der normalen Kost auch für ein Kind mit MCAD-Mangel? Welche Nahrungsmittel sind denn besonders reich an Kohlenhydraten? Welche sind besonders fettarm? Was ist eine altersgerechte Ernährung? Was bedeutet “normal ernähren”? Müssen wir als Familie vielleicht sogar unsere Ernährungs- und Kochgewohnheiten in umfassender Weise ändern? Und wenn ja − wie kann man dann am Ende überhaupt noch was Schmackhaftes kochen, was die ganze Familie essen kann und vor allem auch essen mag? Manche Broschüren und Artikel empfehlen sogar, dass die Eltern eine umfassende Schulung hinsichtlich der für ihr Kind angeratenen Ernährung erhalten sollten. Schön und gut, man muss kein Experte sein, um zu wissen, dass so etwas tatsächlich sinnvoll wäre, aber hat tatsächlich schon mal jemand so eine gezielte Schulung bekommen? In zehn Jahren MCAD-Forum habe ich von keiner einzigen Familie erfahren, dass sie eine für sie hilfreiche Ernährungsberatung bekommen hätte.

Bislang gibt es nur sehr spärliche Ernährungstips und -informationen

Was ist z.B. eine “normale” Ernährung? Die immer mal wieder in den Medien diskutierten Statistiken über die durchschnittliche Körpergewichtsentwicklung in der Bevölkerung zeigt deutlich, dass sich die Mehrheit der Deutschen von einer gesunden Ernährungsweise bereits weit entfernt hat. Die meisten Menschen wissen heute schon gar nicht mehr, wie man sich ausgewogen ernährt, oder können den Wechsel zu einem gesunden Lebensstil trotz guter Vorsätze oft nicht lange konsequent umsetzen. Das regelmäßige Einkaufen frischer Lebensmittel kostet sowohl Zeit als auch deutlich mehr Geld, die tägliche Zubereitung des Essens ist auf die Dauer sehr mühsam − und am Ende schiebt man dann doch wieder häufiger die TK-Pizza in den Ofen oder holt für sich selbst und die Kinder was im Burger-Tempel oder an der Döner-Bude. Irgendwann ist das dann (wieder) der gewohnte Normalzustand.

Aber ist das damit gemeint, wenn der Arzt sagt “Ausser den maximalen Nüchterzeiten müssen Sie gar nichts beachten, ernähren Sie ihr Kind einfach ganz normal”? Beim Nachhaken wird es dann schon etwas konkreter: “Verzichten sie weitgehend auf Fastfood. Ab und zu mal ein Burger ist in Ordnung, aber nicht mehrmals pro Woche!”. Bei einem vor einigen Jahren stattfindenden Informationsnachmittag für betroffene Teenies und deren Eltern, fragten die beteiligten Ärzte, ob es seitens der Familien Fragen zur Ernährung gäbe und ein Teenie platzte daraufhin mit der Frage raus, wie viele Gläser Bier er denn mit MCAD-Mangel auf einmal trinken dürfe. Das führte bei den anwesenden Eltern und Ärzten zu einer etwas verunsicherten Erheiterung und er bekam auch eine deutliche Antwort darauf (“Am besten überhaupt keines, aber wenn es sein müsste, dann nur ein Glas pro Tag und nur in Verbindung mit einer kompletten Mahlzeit”). Weshalb ich dieses Erlebnis erwähne: diese Frage nach der Menge Bier war trotz der über zwanzig anwesenden Familien die einzige konkrete Frage zum Thema Ernährung. Im Alltag stellen sich den Eltern sicher ständig Fragen, aber wenn man − diesbezüglich − unvorbereitet in einen solchen Termin geht, fallen einem diese ständigen Fragen nicht mehr ein. Man sollte sich daher möglichst immer alles sofort notieren, was man seinen Arzt bei nächster Gelegenheit fragen möchte und nicht darauf vertrauen, dass einem in den dann zur Verfügung stehenden 15 Minuten alle Fragen der letzten paar Monate auch spontan wieder einfallen. Gerade bei diesen seltenen Gesprächsterminen gilt um so mehr: konkrete Antworten bekommt nur, wer konkrete Fragen stellt!

Das von unserer Stoffwechselambulanz verteilte Merkblatt zur Ernährung machte immerhin insofern detaillierte und klare Angaben, dass zur Deckung der essentiellen Fettsäuren pro Tag etwa 5-7g Soja-, Walnuss- oder Weizenkeimöl in den Mahlzeiten enthalten sein sollten und dass man auf gar keinen Fall MCT-Fett (Medium-Chain Triglyceride) verwenden soll, wie es in ceres, basis-mct oder speziellen Säuglingsmilchnahrungen bei Durchfall (z.B. Beba Durchfall-Diät HA von Nestlé) enthalten ist. Dabei handelt es sich, wie der Name schon vermuten läßt, um aus ausschließlich mittelkettigen Fettsäuren bestehende Produkte, mit denen ein vom MCAD-Mangel betroffenes Kind nun wirklich gar nichts anfangen kann. Auch Kokosfett enthaltende Produkte (z.B. Raffaelo, Bounty, Romy, teilweise auch in Fettglasuren, u.a.) sollten nach Möglichkeit gemieden werden, da auch Kokosfett zu einem bedeutenden Teil aus mittelkettigen Fettsäuren besteht. Gleiches gilt für die flüssigen Varianten Kokosöl und Palmkernöl, bei denen der Anteil der mittelkettigen Fettsäuren noch weitaus höher ist − bei Kokosöl über 90%, weshalb es auch zur industriellen Herstellung von reinem MCT-Öl verwendet wird. 

Die oben gemachten Aussagen werden auch z.B. in dem Buch “Clinical Paediatric Dietetics” von Vanessa Shaw und Margaret Lawson, Blackwell Publishing (3rd Edition, 2007, Seite 424) bestätigt. Dort wird ebenfalls darauf hingewiesen, dass der Anteil mittelkettiger Fettsäuren in den meisten Lebensmittel sehr gering und somit vernachlässigbar ist, das in Kokosnüssen enthaltene Fett aber die einzige Einschränkung bei der Ernährung eines Menschen mit MCAD-Mangel darstellt. Geringe Mengen kokosnusshaltiger Produkte sind für Kinder mit MCAD-Mangel mit ansonsten gutem Gesundheitszustand gerade noch akzeptabel. Äusserste Vorsicht ist jedoch bei Urlaubsreisen in Länder, wie z.B. die Philippinen geboten, wo Kokosnussöl das Standardöl für die Speisenzubereitung ist und somit in großen Mengen verwendet wird.

Noch ein kurzer Nachsatz zu den erwähnten MCT-Fetten: Wer auf der Suche nach MCAD-Informationen schon auf Seiten zu den Themen VLCAD- oder LCHAD-Mangel gelandet ist, hat dort möglicherweise gelesen, dass für die davon betroffenen Kinder gerade die Verwendung von MCT-Fetten empfohlen wird. Achtung: VLCAD und LCHAD sind dem MCAD-Mangel zwar ähnlich, aber in diesem Punkt trotzdem etwas ganz anderes! Bei Kindern mit diesen Stoffwechselstörungen ist die Funktion des Enzyms zur Verarbeitung langkettiger Fettsäuren stark eingeschränkt, so dass sie nur aus bereits mittelkettig vorliegenden Fetten Energie gewinnen können. Deshalb empfiehlt sich für sie speziell die Verwendung von reinen MCT-Fetten, während diese für Kinder mit MCAD-Mangel absolut tabu sind!

Die allgemeinen “offiziellen” Ernährungsempfehlungen beschränken sich meist auf Aussagen wie beispielsweise, dass man häufig kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt geben sollte, dass vor dem Schlafengehen noch eine kohlenhydratreiche Spätmahlzeit folgen sollte, damit dem Körper auch während der Nacht genug Energie zur Verfügung steht, damit er nicht in eine katabole Stoffwechsellage umzuschaltet (laut Aussage einiger Ärzte tut es dabei aber auch ein Glas Milch oder ein Joghurt), und dass das Frühstück am Morgen auf keinen Fall ausgelassen werden darf. Dabei bietet sich dann z.B. Vollkornbrot oder ein hauptsächlich aus Cerealien bestehendes Müsli an, da deren komplexe Kohlenhydrate erst aufgespalten werden müssen, und so über einen längeren Zeitraum hinweg für eine annähernd gleichbleibende Versorgung mit Glukose sorgen.

Bitte beachten:
Ich bin kein Ernährungswissenschaftler, kann deshalb auch keine fundierten Aussagen treffen. Die folgenden Informationen sind somit völlig unverbindlich und beinhalten nur das, was ich nach vielen und sorgfältigen Recherchen in unterschiedlichsten Quellen, wie z.B. allgemeinen Ernährungs- und Diätratgebern, an komprimierten Erkenntnissen zu den mich damals selbst beschäftigenden Fragen gewonnen habe. Der MCAD-Mangel erfordert anscheinend wirklich keine spezielle Diät, trotzdem kann es nicht schaden, sich ein wenig mit den allgemeinen Grundregeln einer gesunden und ausgewogenen Ernährungsweise zu beschäftigen.

Das Stillen von Säuglingen

Eine der dringlichsten Fragen, die sich die meisten Mütter nach der MCAD-Diagnose ihres Kindes stellen, ist: “Darf ich überhaupt noch stillen?” Die Frage ist berechtigt, denn aufgrund des meist überhaupt nicht, oder nur sehr spärlich vorhandenen Wissens über die Hintergründe des MCAD-Mangels, starten die Säuglings- und Wochenstationen mancher Krankenhäuser − sollten sich Mutter und Kind bei Eingang des Befundes noch dort befinden − gleich eine Art “Panikprogramm” mit strengstens überwachten kurzen Fütterungsabständen. Für den Fall, dass die Muttermilch noch nicht in der entsprechenden Menge produziert wird (manchmal auch trotzdem!), wird die Mutter dann unter Umständen sogar regelrecht zum Zufüttern gedrängt, denn gemäß dem von dem Klinikpersonal verfolgten “Panikplan” müssen ganz genau abgemessene und überprüfbare Nahrungsmengen in das Kind rein − zur Not per Magensonde. Dass damit Mutter und Kind unter einen gewaltigen Stress gesetzt werden und sich keine entspannte Atmosphäre und Stillroutine einstellen kann, spielt für die Mitarbeiter dabei so gut wie keine Rolle. Es ist nur zu verständlich, wenn eine Mutter dadurch dermaßen verunsichert wird, dass sie infolge dieses Erlebnisses ganz auf das Stillen verzichtet und gleich zu künstlicher Ersatzmilch übergeht, da sie suggeriert bekommt, die ausreichende Ernährung des Kind nur auf diese Weise sicherstellen zu können.

Es sind tatsächlich ein paar wenige Fälle bekannt, in denen Kinder bereits in den ersten Tagen nach der Geburt eine Stoffwechselentgleisung erlitten haben und vereinzelt sogar leider daran verstorben sind. Das waren bisher nur sehr wenige Fälle und noch seltener handelte es sich dabei wirklich um einen MCAD-Mangel, aber diese Befürchtung schwebt verständlicherweise wie ein Schreckgespenst über dem Kind, den Eltern und dem Krankenhauspersonal, wenn die Diagnose “Stoffwechselstörung” bekannt wird. Daher sind auch die teilweise völlig überzogen anmutenden Maßnahmen der Krankenhäuser ein Stück weit nachvollziehbar. Welche Klinik möchte so einen Fall auch gerne auf der Hausstatistik verzeichnen müssen? Möglicherweise ist aber bei dem einen oder anderen Kind dadurch auch tatsächlich schon Schlimmeres verhindert worden.

Wenn das nächste Kind geboren wird

Die Sorge ist groß und nachvollziehbar, dass nach bereits einem Kind mit MCAD-Mangel auch das nächste Kind diese Stoffwechselstörung haben könnte. Selbst wenn die persönliche Hebamme und auch man selbst eigentlich die Auffassung vertritt, dass ein sofortiges Zufüttern zu später nur schwer wieder behebbaren Problemen mit dem eigentlich angestrebten Voll-Stillen führen kann, hat in diesem Fall die Sicherheit des Kindes oberste Priorität. Bis zum Vorliegen des Screeningergebnisses − und damit auch möglicherweise der Entwarnung − können einige Tage vergehen, und bis dahin sollte unter allen Umständen vermieden werden, dass das Neugeborene zu wenig Nahrung zu sich nimmt. Solange die Muttermilch noch nicht in ausreichender Menge zur Verfügung steht, ist daher ein Zufüttern mit Neugeborenennahrung (möglichst eine kohlenhydratreiche und gleichzeitig fettreduzierte Variante) dringend angeraten. Dies sorgt nicht nur dafür, dass dem Kind trotz anfangs vielleicht noch geringer Muttermilchmengen immer genug Energie zur Verfügung steht, sondern auch, dass die Eltern schon die ersten Tage mit ihrem Kind richtig geniessen können − ohne sich ständig zu fragen, ob es jetzt überhaupt genug getrunken hat, und seinen Schlaf immerzu voller Sorge zu beobachten.

Es ist jedoch nicht zwingend notwendig, diese Ersatzmilch per Flasche zu füttern. Um das Kind während dieser wichtigen ersten Tage nicht an das Sauggefühl an einem Babyflaschensauger zu gewöhnen, von dem aus es oft nicht mehr zu dem völlig anderen Saugen an der Brust umgewöhnt werden kann, bietet sich die Verwendung eines Brusternährungssets an. Dabei wird die Babymilch in einen Beutel gefüllt, von dem aus ein dünner Schlauch abgeht, der mit einem Klebeband an der Brust befestigt wird. Damit gewöhnt sich das Kind an das fürs Stillen notwendige Saugen an der Brust, bekommt aber gleichzeitig die Babymilch durch den ebenfalls mit dem Mund umschlossenen Schlauch zugeführt. Allen Hebammen ist die Verwendung eines Brusternährungssets bekannt und sie beraten sicher gerne dazu.

Spätestens aber, wenn nach ein paar Tagen die Muttermilch richtig fließt, spricht überhaupt nichts dagegen, das Kind so lange wie möglich voll zu stillen, denn schließlich ist Muttermilch das erwiesenermaßen Beste, was einem Säugling überhaupt gefüttert werden kann − egal ob mit oder ohne MCAD-Mangel. Sollte das Krankenhaus etwas anderes behaupten und auf die weitere Verwendung künstlicher Säuglingsnahrung pochen, wende man sich einfach schnellstmöglich an die nächstgelegene Stoffwechselambulanz und lasse sich wenigstens hinsichtlich der eigenen größten Verunsicherungen und Ängste schon mal telefonisch beraten.

Weiterführende Informationen zur immensen Wichtigkeit des Stillens findet man z.B. auf der Website der La Leche Liga Deutschland e.V.

Eigene Erfahrung:

Leider gibt es, wie schon so oft angemerkt, auch in diesem Punkt zwischen den Stoffwechselzentren erhebliche Meinungsunterschiede, deshalb möchte ich an dieser Stelle wieder unsere eigenen Erlebnisse schildern: Nach der ersten telefonischen Kontaktaufnahme mit unserer Stoffwechselambulanz und der damit verbundenen erfolgreichen Beseitigung unserer durch den Kinderarzt gesäten Ängste, sollten wir uns noch mit der Ernährungsberaterin in Verbindung setzen. Nach deren Bestätigung, dass trotz MCAD-Mangel rein gar nichts gegen das gewünschte Voll-Stillen unseres Sohnes spräche, wurden wir lediglich gebeten, für eine Woche eine regelmäßige Stillprobe mit Wiegen vor und nach jeder Mahlzeit zu machen, um ihr somit einen Überblick über seine durchschnittliche tägliche Trinkmenge zu ermöglichen. Mit dieser Aufstellung gingen wir dann zu unserem Termin mit ihr und bekamen noch einmal bestätigt, dass alles Bestens sei. Ich nenne hier bewusst keine Mengenangaben, um niemanden diesbezüglich zu verunsichern! Jedes Kind hat eine andere Gewohnheits-Trinkmenge, mit der es vollkommen normal wächst und gedeiht. Wie wir im Forum feststellen konnten, gibt es da keine wirklich verbindlichen Richtlinien. Wichtig ist vor allem, dass sich über die Wochen hinweg für das Kind eine kontinuierliche und deutliche Gewichtszunahme feststellen lässt, denn dann nimmt es auch genug Nahrung zu sich und es spielt keine Rolle, ob es durchschnittlich 500, 750 oder sogar 1000 ml Milch pro Tag trinkt.

Wie ist eine Fettreduktion zu erreichen?

Um Mahlzeiten etwas fettreduziert zuzubereiten, muss man seine Gewohnheiten eventuell ein wenig ändern. Da Fett ein ganz wesentlicher Geschmacksträger ist, viel Fett enthaltende Mahlzeiten also besonders intensiv und “gut” schmecken, hat man sich im Laufe der Zeit möglicherweise angewöhnt, mit Butter und Öl nicht zu geizen. Wenn man dann noch täglich sieht, wie der eine oder andere Fernsehkoch seinen Salat mit einem “kleinen Schuss Öl” abrunden will und dann eine halbe Flasche darüber ausleert, könnte man den Eindruck bekommen, das seien normale und vernünftige Mengen. Auch in den meisten Fertiggerichten finden sich gewaltige Mengen Fett, denn auch die Hersteller wissen: Je mehr (verstecktes) Fett, desto mehr Käufern schmeckt das Gericht, und um so größer wird der Absatz sein.

Will man aber z.B. Fleisch in der Pfanne anbraten, muss es dazu nicht im Öl schwimmen. Bei einer beschichteten Pfanne reichen dafür schon 1-2 Esslöffel Öl aus. Auch sollte man darüber nachdenken, ob man zum Wohl des Kindes und des eigenen Bauches nicht lieber vom fettreichen Schweinefleisch auf das sehr viel magere Rindfleisch oder Geflügelfleisch wechselt. Anstelle von gemischtem Hackfleisch kann man an der Fleischtheke auch Tartar verlangen, welches aus extra magerem Rindfleisch gemacht wird und beispielsweise in Nudelsoßen oder Frikadellen eine ebenso leckere Alternative darstellt.

Statt Vollmilch mit einem Fettanteil von 3,5% und mehr, sollte es besser die fettarme Milch mit 1,5% sein, die weniger als die Hälfte des Vollmichfettes enthält und statt des Käses mit Doppelrahmstufe kann man inzwischen aus einem vielfältigen Angebot mit 40% und weniger F.i.Tr (Fett in Trockenmasse) wählen. Achtung: Einige Hersteller versuchen einen besonders niedrigen Fettanteil vorzugaukeln, indem sie nicht den “Fett in Trockenmasse”-Anteil, sondern den “Fett absolut”-Wert auf der Packung angeben. Dies soll vermutlich gezielt zur Verwirrung der Käufer beitragen, denn der tatsächliche FiTr-Anteil ist in Wirklichkeit 2,5-3 Mal größer und der Käse plötzlich gar nicht mehr so extrem fettarm. Ein 17% Fett absolut-Käse hat in Wirklichkeit also auch um die 40% in Trockenmasse, so dass man genau so gut aus einer viel größeren Angebots- und Geschmackspalette mit teilweise deutlich günstigeren Preisen hätte wählen können. Es darf zwischendurch auch problemlos mal ein etwas fetterer Käse sein, aber halt nicht immer.

In Bezug auf die tägliche Wahl des Fleisches, der Milch, des Käses und besonders der den Speisen zugesetzen Ölmenge hat man bereits eine gute Möglichkeit eine deutliche Fettreduktion im Vergleich zum vielleicht bisher “üblichen” Umfang zu erreichen.

Wird mein Kind von dem kohlenhydratreichen Essen nicht automatisch dick?

Eines steht doch wohl felsenfest: Zu viel Süßes, wie z.B. Cola (oder Limo allgemein) oder Schokolade macht dick! Stimmt das wirklich? Genau genommen nicht, bzw. nur indirekt, denn Cola enthält neben Wasser ausschließlich Kohlenhydrate aber diese setzen im Normalfall nicht an. Das Problem besteht vielmehr darin, das man zusätzlich zu dem zuckerhaltigen Getränk meistens auch noch beträchtliche Mengen an Speisen verzehrt, die ihrerseits große Mengen Fett enthalten, so z.B. auch in der Schokolade! Der menschliche Körper bevorzugt zur Energiebereitstellung in den Zellen jedoch die leicht und schnell verwertbaren Kohlenhydrate. Nimmt man davon ausreichend große Mengen zu sich, so dass mit ihnen der Energiebedarf über die nächsten Stunden bereits vollständig gedeckt ist, muss die schwierige Arbeit der Fettverwertung gar nicht erst begonnen werden. Trotzdem gibt der Körper einmal aufgenommene Energieträger nicht einfach so wieder her, sondern bewahrt sie im Unterhautfettgewebe für zukünftige schlechte Zeiten auf. Erst die Kombination großer Mengen Zucker mit Fett bewirkt also, dass letzteres direkt in die so unbeliebten Pölsterchen umgewandelt wird.

Letzten Endes hängt alles rein von der Energiebilanz ab

Nimmt ein Kind − egal ob mit MCAD-Mangel oder nicht − auf Dauer mehr Energie zu sich, als es im Laufe des Tages verbraucht, legt der Körper aus dem ungenutzten Anteil mehr und mehr Energiedepots in Form von Körperfett an. Für ein Kind mit MCAD-Mangel ist es zwar wichtig, immer genügend Kohlenhydrate zur Energiegewinnung zugeführt zu bekommen, dies bedeutet aber nicht, dass es einfach viel mehr essen soll. Dann nimmt es insgesamt zu viel Energie zu sich, und wird über Wochen, Monate und Jahre hinweg entsprechend Gewicht zulegen. Stattdessen sollte der Energieanteil aus Kohlenhydraten in seinen Mahlzeiten einfach deutlich höher sein, als der Energieanteil aus Fett − insgesamt aber dem altersgemäßen Bedarf angemessen.

Während es hier in Deutschland seitens der Stoffwechselärzte kaum Empfehlungen zur fettreduzierten Ernährung gibt, raten US-Ärzte ihren MCAD-Familien zu einem durchschnittlichen Energieanteil von rund 70% aus Kohlenhydraten und nur etwa 30% aus Fett. Dies ist allerdings nicht so zu verstehen, dass auf 70g Kohlenhydrate maximal 30g Fett kommen sollten. Da nämlich 1g Fett mit 9,3kcal mehr als doppelt soviel Energie enthält, wie 1g Kohlenhydrate (4,1Kcal) wäre bei einer aufs Gewicht bezogenen 70:30-Verteilung pro 100g der Energieanteil des Fettes mit 280kcal (30*9,3kcal) im Vergleich zum Energieanteil aus Kohlenhydraten mit 287kcal (70*4,1kcal) bei nahezu 50:50 und damit viel zu hoch. Um einen rund 30%igen Energieanteil aus Fett zu erhalten, sollte als Richtwert der auf das Gewicht bezogene Kohlenhydratanteil in den täglichen Mahlzeiten ungefähr fünf- bis sechsmal so groß wie der Fettanteil sein.

Wird Zucker nicht auch irgendwie in Fett umgewandelt?

Zwar können auch überschüssige Kohlenhydrate mittels der sogenannten de-novo-Lipogenese in Körperfett umgewandelt werden, aber wie entsprechende wissenschaftliche Untersuchungen der letzten Jahre durch Langzeittests empirisch belegt haben, geschieht dies beim Menschen (im Unterschied zu den Tieren) anscheinend erst nach einer mehrtägigen regelmäßigen Aufnahme von mehr als 500 g Kohlenhydraten. Zur Verdeutlichung dieser Menge stelle man sich ein 500 g Päckchen Zucker, 3 kg Nudeln, 3,5 kg Kartoffeln oder ein 1,2 kg schweres Brot vor, welches man täglich essen muss, bis es nach einigen Tagen tatsächlich zu einer Umwandlung der überschüssigen Kohlenhydrate in Körperfett kommt. Statt dessen werden sie für gewöhnlich in Form von Glykogen in der Leber gespeichert. Diese “eiserne Reserve” dient dazu, den Blutzuckerspiegel auch nach der vollständigen Verwertung der Kohlenhydrate aus der letzten Mahlzeit noch für eine Weile auf annähernd konstantem Niveau zu halten. Der Glykogenspeicher der Leber hat aber nur einen begrenzte Speicherkapazität (beim erwachenen Menschen ca. 1900kcal) und befindet sich somit in einem ständigen Auf- und Abbau. Bei einem normalen und vernünftigen Essverhalten kann man also gar nicht versehentlich zu viele Kohlenhydrate zu sich nehmen. Problematisch sind dagegen nach wie vor die so oft in den Speisen enthaltenen großen Mengen versteckter Fette, die gerade bei ansonsten kohlenhydratreicher Kost eine Menge nicht gebrauchter und somit überschüssiger Kalorien enthalten und direkt ins Fettgewebe wandern. Daher sollte bei der Ernährung eines Kindes mit MCAD-Mangel möglichst auf eine etwas fettreduzierte Kost geachtet werden.

Ganz ohne Fett kann man allerdings auch nicht auskommen, denn bestimmte essentielle Fettsäuren müssen über die Nahrung zugeführt werden, da sie vom Körper nicht selbst gebildet werden können (siehe oben, davon reichen dann aber 1-2 Teelöffel pro Tag) und auch bestimmte Vitamine sind nicht wasser- sondern fettlöslich und können nur in Verbindung mit Fett vom Körper aufgenommen werden.

Welche Fette sollten bevorzugt werden?

Bei der Wahl eines Fettes zum Anbraten oder als Brotaufstrich hat man ja prinzipiell mehrere Möglichkeiten. Es gibt tierische Fette (z.B. Butter) oder pflanzliche Fette (Margarine, Pflanzenöl) und darüber hinaus gesättigte oder ungesättigte Fette mit vielen oder wenigen Omega3-Fettsäuren.

Zu der Frage, ob sich hinsichtlich des MCAD-Mangels die eine oder andere Variante besonders gut oder schlecht eignet, konnte ich trotz intensiver Suche keine Antwort finden (Ausnahme: keine MCT-Fette, siehe oben!). Dies ist einer der Punkte, an denen man vielleicht ganz einfach der pauschalen Aufforderung folgen muss, das Kind altersgerecht aber normal zu ernähren. Warum auch nicht? Bekanntermaßen sollte man ja pflanzlichen Fetten den Vorzug vor tierischen Fetten geben und auf einen hohen Anteil ungesättigter Fettsäuren achten. Vor allem aber sollte die Fettmenge (insbesondere der Anteil der versteckten Fette) in der Nahrung ein vernünftiges Maß haben.

Kohlenhydrate − okay, aber welche?

Während in Krankheitszeiten eine schnelle Energiebereitstellung durch besonders einfach zu verwertende Zuckerarten für den kindlichen Organismus wichtig ist (u.a. aus dem Grund, weil auch Getränke bei Erbrechen oft nicht lange im Magen bleiben und die zugesetzten Kohlenhydrate deshalb sehr schnell ins Blut gelangen müssen), sollte bei der täglichen Kostzusammenstellung das Hauptgewicht auf die Zufuhr komplexer Kohlenhydrate gelegt werden. Diese gehen nicht schlagartig ins Blut über, sondern müssen zuerst in ihre Bestandteile zerlegt werden und führen dadurch zu einer länger währenden gleichmäßigen Energieversorgung des Körpers. Komplexe Kohlenhydrate sind besonders in Brot, Kartoffeln, Reis und Nudeln enthalten − vor allem dann, wenn diese aus reinem Vollkornmehl hergestellt wurden, oder zumindest einen größeren Vollkornanteil enthalten.

Und sonst?

Sonst kann man seinem Kind alles vorsetzen, was die Küche so bietet: Obst, Gemüse, Milchprodukte, Fisch, Fleisch. Wenn man ein wenig Vernunft walten läßt, ist alles erlaubt. Es darf auch mal ein Hamburger oder ein Schnitzel mit Pommes sein. Man muss auch keine Angst vor dem Schokoladenkuchen haben, den das Kind auf dem Geburtstag der Freundin vielleicht vorgesetzt bekommt. Der enthält neben vielem Fett ja immerhin auch noch eine unfassbar große Menge Zucker und Mehl. Man darf es wie überall im Leben einfach nicht übertreiben und solange solche Speisen eine einigermaßen selten auf den Tisch kommende Besonderheit bleiben, ist alles im grünen Bereich. Eine ausgewogene und vielseitige Ernährung ist in jedem Fall sinnvoll und wichtig − nicht nur für Kinder mit MCAD-Mangel!

Wieso gibt es bei den Stoffwechselärzten so unterschiedliche Sichtweisen zur Ernährung?

Vielleicht hast Du beim Lesen dieses Artikels gedacht: “Wozu der ganze Aufwand? Unser Arzt hat doch gleich zu Beginn gesagt, wir könnten unser Kind ganz normal, also völlig ohne Beachtung irgendwelcher fettreduzierenden Maßnahmen ernähren! Dann braucht man sich doch über dieses ganze obige Thema überhaupt keine Gedanken zu machen.

Beim Lesen der diesbezüglichen Diskussionen im damaligen Forum merkte man sehr schnell, dass es in den deutschen Stoffwechselzentren zu diesem Punkt nun mal zwei voneinander abweichende Sichtweisen gibt, bei deren Vergleich sich einmal mehr die Frage stellt, wer denn nun Recht hat. Stimmt es, dass MCAD-Patienten, vor allem die Kinder, völlig ohne Einschränkungen ernährt werden können, oder gibt es berechtigte Gründe, weshalb eine zumindest leicht fettreduzierte Ernährungsweise ratsam ist? Weiß der eine Arzt zu diesem Punkt einfach mehr und der andere weniger? Zumindest die letzte Frage läßt sich immer noch sehr leicht beantworten: Beide wissen überhaupt nichts!

Man kann aufgrund der Beobachtungen der letzten Jahre mit ziemlich großer Sicherheit sagen, dass die bei den meisten MCAD-Patienten nach einer schweren Stoffwechselkrise festgestellte starke Verfettung der Leber und anderer Organe (Herz und Nieren) innerhalb weniger Stunden während der laufenden Stoffwechselentgleisung entstanden ist und sich nicht über Monate und Jahre hinweg aufgrund einer falschen Ernährungsweise langsam eingeschlichen hat. Bis vor einigen Jahren, also vor der Einführung des erweiterten Screenings, wurden fast ausnahmslos alle MCAD-Patienten (auch ältere) nur dadurch als solche erkannte, dass sie infolge einer solchen schweren Stoffwechselkrise in der Klinik genau unter die Lupe genommen wurden. Dabei wurde dann auch häufig eine deutliche Leberverfettung festgestellt. Kliniken, in denen solche Fälle untersucht wurden, haben im Rahmen der folgenden Kontrolltermine dieser Patienten regelmäßige Ultraschalluntersuchungen durchgeführt, um die (Rück-)Entwicklung der Leber zu dokumentieren. Diese Vorgehensweise wird von einigen dieser Kliniken auch noch bei neu gefundenen Kindern mit MCAD-Mangel beibehalten. Man kann es nun Prävention und Tradition nennen, vor allem aber ist es eine Maßnahme zur Wissensvermehrung.

Es gibt wohl tatsächlich bisher keine Anzeichen dafür, dass es alleine aufgrund des MCAD-Mangels zu einer sich einschleichenden Zellverfettung kommt, sondern es ist ein Symptom der weit fortgeschrittenen Entgleisung.

Daher hat ein im Rahmen der Kontrolluntersuchungen durchgeführter Leberultraschall bei einem bis dahin unauffälligen Kind oberflächlich betrachtet in der Tat keinen real greifbaren Nutzen. Andererseits gibt es bis dato noch keinerlei Langzeiterkenntnisse über die Entwicklung der Kinder, bei denen der MCAD-Mangel frühzeitig diagnostiziert wurde. Momentan und auch in den kommenden Jahren geht es mit Hilfe der Fragebögen, die von den an Langzeitstudien teilnehmenden Eltern ausgefüllt werden, erstmal nur um die Sammlung von Daten. Aus dieser Datenmenge können in einigen Jahren vielleicht einmal tiefergehende Erkenntnisse über die Langzeitauswirkungen des MCAD-Mangel abgeleitet werden. Unter diesem Gesichtspunkt ermöglicht auch der in einigen Stoffwechselambulanzen durchgeführte Leberultraschall, trotz meistens unauffälliger Ergebnisse, irgendwann eine auf stabileren Beinen stehende Aussage über das nicht vorhandene Risiko der langsamen Leberverfettung. Für diejenigen, die schallen, basiert die beruhigende Aussage “Nein, es kommt bei Kindern mit MCAD nicht zu einer sich einschleichenden Zellverfettung” in ein paar Jahren dann auf praktischen Erfahrungen, die Nicht-Schaller hingegen äussern damit aber nur eine Vermutung und keine selbst gemachte Erfahrung.

Gleiches gilt für die von den Ärzten gemachten Aussagen zur Ernährung. Weder die Verfechter der “Alles ist erlaubt, es gibt keine Einschränkungen!“-Sichtweise, noch die “Wir empfehlen eine fettreduzierte Ernährung und den weitgehenden Verzicht auf Kokos- und Palmfett“-Vertreter können ihre Empfehlungen zum heutigen Zeitpunkt mit irgendwelchen Langzeitstudien belegen. Das sind alles bislang nur persönliche Vermutungen und keine medizinisch überprüften Erkenntnisse! Wenn ein Arzt sagt: “Ihr Kind darf alles essen, machen sie sich da mal keine Gedanken!” hat er damit nicht Recht! Er hat auch nicht Unrecht! Es ist einfach nur seine persönliche Meinung, die auf nichts basiert. Auch die anderen Ärzte haben weder Recht noch Unrecht, sie haben nur die Vermutung, dass manche Nahrungsmittel und generelle Ernährungsweisen nicht ganz so optimal für ein vom MCAD-Mangel betroffenes Kind sein könnten. Das ist somit auch ein Mittel zur Vorbeugung von etwaigen späteren Problemen, die man jetzt noch nicht absehen, aber auch nicht definitiv ausschließen kann.

Mit ganz wenigen Ausnahmen sind die ältesten in Langzeitstudien erfassten Menschen, deren Entwicklung gezielt und regelmäßig nachverfolgt und dokumentiert wird, zur Zeit (2020) 19-20 Jahre alt und somit als junge Erwachsene möglicherweise erst seit kurzem auf sich selbst gestellt. Wie sie sich in den nächsten 10 Jahren entwickeln werden, wird man erst in 10 Jahren im Rückblick sehen können, und das sind dann die ersten auf einer größeren Datenbasis aufbauenden Erfahrungen dieser Art. Insofern müssen alle Eltern für sich selbst überlegen, was sie im Interesse ihrer Kinder, über deren MCAD-Mangel-Nebeneffekte man noch überhaupt nichts weiß, hinsichtlich der Ernährung für klug und notwendig erachten − ganz unabhängig davon, welche Empfehlungen seitens der sie betreuenden Ärzte gegeben wurden.

Etwas eigenartig mutet eine solche “Alles ist erlaubt”-Aussage aus dem Munde eines Stoffwechselarztes schon an, wenn auf der anderen Seite gleichzeitig eine übergroße Vorsicht an den Tag gelegt wird, wenn es um die Einschätzung der Auswirkung dieser oder jener Variante des MCAD-Mangels geht. Obwohl nämlich fast ein Drittel aller im erweiterten Screening gefundenen MCAD-Fälle eine milde Ausprägung vermuten lassen, die höchstwahrscheinlich − selbst ohne dass die Eltern davon wüssten − niemals zu irgendwelchen feststellbaren Problemen führen würde, werden alle diese Kinder in jeder deutschen Stoffwechselambulanz in der gleichen Weise behandelt, als hätten sie eine der bekannten Risikovarianten. Begründung? Man weiß ja schließlich nicht sicher, ob wirklich niemals was passieren könnte, daher will man als Arzt auf keinen Fall ein Risiko eingehen und lieber Vorsicht walten lassen! Es wird aber auch keinerlei Notwendigkeit zur genauen Abklärung dieser zweifelhaften Fälle gesehen, um für das eine oder andere Kind irgendwann vielleicht doch wieder Entwarnung geben zu können, so dass sich die Familien die regelmäßigen Carnitingaben und Klinikaufenthalte wieder sparen könnten. Nein, nichts Genaues weiß man nicht, und daher stehen die Vorsichtsmaßnahmen beim MCAD-Mangel an oberster Stelle − ist ja auch richtig so! Bei der Frage nach der Ernährung, und somit einem Aspekt, der über das ganze Leben hinweg und besonders in den ersten Jahren einen starken positiven oder auch negativen Einfluss auf die Entwicklung des Kindes nehmen wird, sieht man es mit der Vorsicht nicht mehr so ganz eng − und das, obwohl man zur Zeit und auch in den nächsten Jahren noch nicht im Geringsten einschätzen kann, ob eine nicht mal wenigstens im Ansatz fettreduzierte Ernährung tatsächlich ohne Auswirkungen bleiben wird.

Um es irgendwann einmal mit größerer Sicherheit sagen zu können, braucht man seitens der Eltern jetzt natürlich beide Herangehensweisen. Ob eine fettreduzierte Ernährungsweise wirklich ratsamer gewesen wäre, wird man in einigen Jahren nur dadurch feststellen können, dass dann eine auffällige Anzahl an jetzt im oben beschriebenen Sinn “normal” ernährten Kindern Symptome aufweisen, bzw. Probleme haben, die in der anderen Gruppe nicht feststellbar sind. Umgekehrt kann es sich genau so gut zeigen, dass die fettreduzierte Ernährung überhaupt keinen Vorteil bringt und es wirklich keinerlei Einschränkungen hinsichtlich Art und Menge des Fettanteils in der täglich Ernährung zu geben braucht. Für die jetzt schon konsequent leicht fettreduziert und somit dem allgemeinen Verständnis nach gesund ernährten Kinder, bedeutet keine dieser beiden möglichen Entwicklungen eine negative Auswirkung. Für die anderen Kinder kann man aus heutiger Sicht nur hoffen, dass sich die von einigen Ärzten empfohlene Fettreduzierung in den täglichen Mahlzeiten in 10-20 Jahren wirklich als unnötige Vorsichtsmaßnahme herausstellt.

Ein paar Überlegungen zum Sinn einer leicht fettreduzierten Ernährung

Genaugenommen geht es überhaupt nicht darum, dem Kind möglichst wenig Fett in der täglichen Ernährung zuzuführen, weil dieses aufgrund des MCAD-Mangels vielleicht schädlich sein könnte. Das ist es nämlich nicht! Fett richtet bei Menschen mit MCAD-Mangel keinen Schaden an, sondern es nützt ihnen nur nicht so viel, wie Menschen ohne MCAD-Mangel. Diesen Unterschied gilt es zu verstehen!

Lösen wir uns mal für einen Augenblick vollständig von der Betrachtung des Fettes. Beim MCAD-Mangel handelt es sich zwar um eine Störung in der Verarbeitung der Fettsäuren und eine daraus resultierende ungenügende Energiebereitstellung, aber es geht zur Vermeidung dieser riskanten Situationen überhaupt nicht darum, speziell den Fettanteil der täglichen Ernährung zu reduzieren. Vielmehr muss der Fokus darauf liegen, dem Kind tagtäglich genügend Nahrung mit von ihm verwertbaren Energieträgern, also Kohlenhydraten und auch Proteinen zuzuführen, damit es bis zur nächsten Mahlzeit nicht in einen gefährlichen Energiemangelzustand abgleitet. Tatsächlich liegt das Hauptaugenmerk in Bezug auf die Ernährung also nicht in einer Reduzierung des Fettanteils, sondern in einer verstärkten Kohlenhydratzufuhr.

Während die deutschen Stoffwechselambulanzen allerdings in den meisten Fällen nur zu einer “kohlenhydratbetonten” Ernährungsweise raten, gehen die Empfehlungen der Stoffwechselexperten in den USA ein ganzes Stück darüber hinaus. Die meisten der Eltern in den USA bekommen die dringende Empfehlung, ihren vom MCAD-Mangel betroffenen Kindern mindestens 70% der täglich benötigten Gesamtkalorien in Form von Kohlenhydraten zuzuführen. Damit verkleinert sich die Menge der Kalorien aus dem Fettanteil der Nahrung automatisch auf maximal 30%. Diese Empfehlung (von vielen betroffenen Eltern auch als strikte Ernährungsvorschrift verstanden) ist nun nicht so leicht umzusetzen, da es um den Kalorienanteil und nicht den Gewichtsanteil geht und ein Gramm Fett einen deutlich höheren Energiegehalt (9,1kcal) hat, als ein Gramm Kohlenhydrate (4,3kcal). Man kann somit nicht einfach anhand der Nährwertangaben rechnen, dass pro 100g Lebensmittel der Kohlenhydratanteil mindestens 70g betragen müsse, sondern man muss diese Angaben zuerst mit den jeweiligen kcal-Zahlen multiplizieren, und dann den 70%-Anteil überprüfen. Ob diese strengen und komplizierten Diätvorgaben tatsächlich eine Nutzen gegenüber den beiden in Deutschland verbreiteten Ansichten haben, ist fraglich, denn auch den MCAD-Familien in den USA scheint es nach Berichten der Betroffenen damit nicht ein klitzekleines Stückchen besser zu gehen als den deutschen Familien − im Gegenteil. Ihre Kinder werden anscheinend sogar schneller ins Krankenhaus gebracht, wenn sich dieser Diätplan im Rahmen einer beginnenden Erkrankung zuhause nicht mehr vollständig umsetzen lässt. Die psychische Belastung der Familien wird durch diese Vorgaben um ein deutliches Maß gesteigert.

Eine ganz genau berechnete Aufteilung der täglichen Gesamtkalorienmenge in einen vorgegebenen Kohlenhydrat- und Fettanteil scheint somit nicht wirklich hilfreich oder gar notwendig zu sein. Trotzdem sollte an diesem Beispiel aus den USA ein Sachverhalt klar werden: Jedes Kind hat je nach Alter und Geschlecht einen gewissen täglichen Gesamtenergiebedarf, der nach Möglichkeit mit der täglichen Nahrungsmenge gedeckt, aber auch nicht fortwährend überschritten werden sollte. Steigert man (bewusst oder unbewusst) den in Form von Kohlenhydraten zugeführten Kalorienanteil durch immer wieder zwischendurch gereichte kleine Snacks, z.B. in Form von Reiswaffeln, Keksen, Gummibärchen, Fruchtsäften oder andere gesüßten Getränken, sollte man trotzdem stets den täglichen Gesamtbedarf des Kindes im Blick behalten und diese Kalorien nach Möglichkeit an anderer Stelle (nämlich beim Fett) wieder einsparen. Nimmt z.B. ein dreijähriger Junge mit einem geschätzten täglichen Gesamtenergiebedarf von rund 1100 kcal diese Energiemenge schon alleine mit den einen ordentlichen Fettanteil enthaltenden drei Hauptmahlzeiten regelmäßig zu sich und bekommt er zur Überbrückung der dazwischen liegenden Zeiten noch stark kohlenhydrathaltige Snacks, wird das auf Dauer nicht spurlos an ihm vorübergehen. Auch wenn es pro Tag nur 100-200kcal mehr sind, als er verbrauchen kann, werden sich diese in Form einer stetig wachsenden Fettschicht niederschlagen. Die zwischendurch in Form von Snacks aufgenommenen Kohlenhydrate sind dabei aber nicht mal das Problem, denn diese Kohlenhydrate sollen schließlich den Nutzen bringen, für eine fortlaufende Energiebereitstellung zwischen den längere Zeit auseinanderliegenden Mahlzeiten oder für den Energienachschub während verstärkter körperlicher Aktivitäten zu sorgen. Die Fettpolster wachsen, wenn nicht gleichzeitig für eine dem Energiegehalt dieser zusätzlichen Kohlenhydrate entsprechende Reduzierung des Fettanteils gesorgt wird. Insgesamt sollte das Kind Tag für Tag auf annähernd 100% durch die Nahrung aufgenommene Gesamtenergiemenge kommen und nicht auf fortwährend 120%.

Dies ist der zu verstehende Hintergrund, weshalb eine durch zusätzliche Kohlenhydrate angereicherte Ernährung immer auch gleichzeitig eine leichte Fettreduzierung mit sich bringen sollte. Es sei noch einmal betont, dass es nicht in erster Linie darum geht den Fettanteil der täglichen Nahrung zu senken, weil dieser die Kinder krank oder dick machen würde. Dies ist definitiv keine Auswirkung des MCAD-Mangels. Die von manchen Stoffwechselärzten gegenüber den Eltern gemachte Behauptung, dass das Kind aufgrund des MCAD-Mangels nun mal unweigerlich dick werden würde, entspricht nämlich nicht den Tatsachen, sondern es wird dann dick, wenn es über Wochen, Monate und Jahre hinweg fortwährend überfüttert wird und das müssen bei so kleinen Menschen noch nicht einmal große Mengen zusätzlicher Kalorien sein.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass ich als Autor dieser Seiten größten Wert auf Korrektheit gelegt habe, aber ansonsten medizinischer Laie bin. Alle veröffentlichten Informationen wurden von mir anhand verschiedener verfügbarer Promotionen, Studienarbeiten, medizinischen Veröffentlichungen, MCAD-Broschüren, Merkblätter, Webseiten von Kliniken, Aussagen der Stoffwechselambulanz und sonstigen Erkenntnissen und Erfahrungen (eigenen und denen unserer Forumsteilnehmer) zusammengetragen und in inzwischen weit über 1000 Stunden Arbeitszeit gelesen, unzählige Male überdacht, sortiert und schließlich in der jetzigen Form hier niedergeschrieben. Das Lesen dieser Seiten darf aber auf keinen Fall den Besuch beim Arzt oder der Stoffwechselambulanz ersetzen, sondern soll lediglich dazu dienen, schon mal etwas besser über die ganze Thematik und Problematik Bescheid zu wissen! Ernährung