Wie und wo kann ich mich mit anderen betroffenen Familien austauschen − und sollte ich das tun?

Die Frage, ob du dich mit andern Eltern austauschen solltest, würde ich jederzeit ganz klar mit “JA” beantworten. Du kannst nur von anderen selbst betroffenen Eltern praxisbezogene Erfahrungen aus dem täglichen Umgang mit einem vom MCAD-Mangel betroffenen Kind bekommen. Also noch nicht mal von mir, denn auch wenn wir selbst für einige Monate gemäß der Aussage unserer Ärzte in dem festen Glauben lebten, unser Sohn habe einen schweren MCAD-Mangel, war das ja letztlich doch nicht der Fall und somit bestand auch zu keinem Zeitpunkt die Gefahr, dass ihm in Krankheitszeiten mit Nahrungsverweigerung etwas hätte passieren können. Er hatte in den gesamten 14 Monaten bis zum endgültigen Abschluss des Nachweises, dass er doch nur Carrier ist, auch keine einzige Krankheitsphase, in der es mit der Ernährung einmal schwierig geworden wäre. Die dir vertrauten Ängste und Sorgen waren zwar auch bei uns ständig im Hinterkopf präsent, aber es kam nie so weit, dass wir selbst vor der schweren Entscheidung standen, ob wir mit ihm zur Stoffwechselklinik zwecks Infusion fahren sollten, oder nicht.

Die Ärzte, mit denen du in der Stoffwechselambulanz zu tun hast oder zu tun bekommen wirst, kennen die ganzen Sorgen aber erst recht nicht, bzw. einzig und alleine aus den Schilderungen der sie um Rat fragenden Eltern und können daher überhaupt keine aus dem täglichen Leben stammenden Erfahrungen weitergeben. Entweder hast du das bereits selbst bemerkt oder wirst es noch feststellen und dir spätestens dann wünschen, dich mit anderen Familien über die konkreten täglichen Situationen austauschen zu können.

Die Wohnort-Karte

Anhand der im Januar 2020 neu aufgenommenen MCAD-Map kannst du mit einem Blick sehen, ob jemand von den anderen Eltern, mit dem Willen zum gegenseitigen Austausch, vielleicht in erreichbarer Nähe zu dir wohnt. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass der persönliche Austausch mit anderen Eltern eine ganz besondere Qualität hat und weit über jedem rein schriftlichen Austausch steht. Sich einfach mal zum Kaffee oder auf dem Spielplatz zu treffen und ein Stündchen gemütlich miteinander zu plaudern, trägt immens zur Beruhigung bei und man kann über sehr vieles reden, was beim Schreiben einfach viel zu lange dauern würde.
Wie du dich selbst in die MCAD-Map eintragen lässt und Kontakt zu den Familien in den in der Nähe liegenden Orten aufnehmen kannst, ist unterhalb der Karte beschrieben. Natürlich kann es sein, dass man dann letzten Endes doch nicht so ganz kompatibel zueinander ist, aber in der zurückliegenden Zeit des Forums sind auf diese Weise schon bleibende Freundschaften entstanden.

Achtung, ganz entscheidend: diese Aktion lebt vom Mitmachen! Der Seitenzähler im Backend zeigt mir, dass die MCAD-Map tatsächlich sehr häufig aufgerufen wird! Trotzdem wurden fast alle der jetzt dort zu findenden Marker bereits in den ersten zwei Wochen nach der Einrichtung der Karte im Januar 2020 angelegt – größtenteils aus den Reihen ehemaliger Forenmitglieder. Es nützt aber gerade neuen MCAD-Familien nichts, nach vielleicht neuen Markern im eigenen noch leeren Umkreis zu suchen, wenn man selbst keinen eigenen Marker aufnehmen lässt, denn vermutlich warten auch viele andere MCAD-Familien, dass erstmal andere Leute aus ihrer Umgebung den Anfang machen.
Vor ein paar Jahren waren auf der damaligen Foren-Karte über 200 MCAD-Mitglieder markiert, also fünfmal so viele wie jetzt – und selbst das war nur etwa ein Fünftel der in Deutschland lebenden Familien, die zu dem Zeitpunkt vom MCAD-Mangel ihres Kindes wussten. Überall in Deutschland gab es rote Marker, nicht nur in ein paar Ballungszentren. Wieviel diese Karte zur Kontaktaufnahme bringt, hängt also auch heute ganz entscheidend davon ab, dass viele Familien ihre Wohnorte dort eintragen lassen. Erst dann zeigt sich wieder so eindrücklich wie damals, dass man mit der seltenen Stoffwechselstörung seines Kindes nicht alleine ist und dass in gleicher Weise betroffene Familien gar nicht weit weg wohnen. Ein paar neue Kontakte und daraus folgende persönliche Treffen kamen durch die MCAD-Map inzwischen schon zustande und wie ich aus einzelnen Rückmeldungen erfahren habe, sind die betreffenden Familien sehr froh darum. Dieses Angebot darf aber gerne noch viel öfter genutzt werden.

Facebook und WhatsApp

Direkt vorweg: Bei Fragen zu den Inhalten von dieser Seite hier (mcad-infos.de) oder zu den Befunden deines Kindes, schreibe mich bitte direkt per Email an (), denn ich bin weder Mitglied der Facebook- noch der WhatsApp-Gruppe. Beides sind aus den Reihen der früheren Forums-Teilnehmer hervorgegangene Initiativen, die in keiner Weise mit mir oder den Inhalten von mcad-infos.de in Verbindung stehen.

  • In der Facebook-Gruppe “MCAD-Mangel” tauschen sich eine ganze Reihe von Familien untereinander aus.
  • Um Zugang zu der von einigen Eltern genutzten WhatsApp-Gruppe zu bekommen, schreibe eine Email an . Wie zuvor erwähnt, hat diese Email-Adresse (trotz des ähnlich klingenden Namens) nichts mit meiner Seite mcad-infos.de zu tun. Deshalb nützt es nichts, mich um Aufnahme in diese Gruppe zu bitten.
Warnhinweise bei gleichzeitigem Austausch mit mehreren anderen Personen

In diesem Abschnitt möchte ich gewissermaßen den Beipackzettel mit den Nebenwirkungen beschreiben, damit du im Voraus überlegen kannst, ob du dich selbst schon psychisch in der Lage siehst, mit einer größeren Anzahl anderer betroffener Familien konfrontiert zu werden, denn das ist absolut nicht ohne! Obwohl ein Austausch zwischen MCAD-Betroffenen ohne Frage empfehlenswert und hilfreich ist, macht es dennoch einen großen Unterschied, ob man sich mit ein oder zwei anderen Familien austauscht, oder man es mit 20 oder noch mehr Personen zu tun bekommt. Einen ganz entscheidenden Unterschied macht vor allem, ob du selbst schon einige Zeit mit dem MCAD-Mangel deines Kindes zu tun hast und dabei bereits zu einer gewissen Abgeklärtheit gekommen bist, oder ob dein Denken und Empfinden – wie es gerade bei neu betroffenen Eltern sehr oft der Fall ist – noch weitgehend von Ängsten und Sorgen geprägt ist. In letzterem Fall würde ich dir raten, zunächst einmal den Kontakt zu einzelnen Familien aus der Umgebung zu suchen, wie es durch die MCAD-Map ermöglicht wird. Auf diese Weise wirst du sehr viel mehr von dem weitestgehend völlig normalen Leben eines vom MCAD-Mangel betroffenen Kindes erfahren, als in einer Diskussionsgruppe, in der es vor allem um problematische Situationen geht. Dabei tritt dann nämlich auch bei noch unerfahrenen Eltern sehr leicht eine gewisse Wahrnehmungsverzerrung ein. Die meisten Teilnehmer erleben nie auch nur die geringsten Probleme mit ihren Kindern – allerdings teilen sie das dann auch nicht der Allgemeinheit mit. Für Tag für Tag hunderte Beiträge in der Art “heute war wieder alles Bestens, mein Kind hatte in der Schule und selbst nachmittags im Sportverein nicht die geringsten Probleme, sondern geht völlig souverän mit seiner Stoffwechselstörung und allem was diesbezüglich wichtig ist um!” ist eine Diskussionsgruppe zum MCAD-Mangel halt der falsche Ort. Stattdessen scheint es durch die von nur vergleichsweise wenigen Familien geschilderten schwierigen Situationen so, als ob alle Kinder mit MCAD-Mangel von einer kritischen Situation in die nächste glitten. Um als MCAD-Neuling wirklich zu verstehen, dass dies keineswegs die alltägliche Realität im Leben mit dem MCAD-Mangel ist, erfordert es schon eine gewisse Erfahrung und Reifung.

Aber auch andere Diskussionen, die sich in einer größeren Gruppe abspielen, können einen Neuling unter Umständen überfordern. Zehn Jahre Forumsleben haben eindrücklich gezeigt, dass so ziemlich alle Stoffwechselzentren unterschiedliche Sichtweisen und somit auch unterschiedliche Empfehlungen bzgl. der den MCAD-Mangel betreffenden Fragestellungen an ihre Patienten weitergeben. Daraus resultiert, dass auf jede vermeintlich einfache Frage, wie es andere Eltern z.B. mit den Nüchternzeiten halten, in 20 Antworten 25 unterschiedliche Empfehlungen zurückgemeldet werden, weil manche Familien selbst in ihren eigenen Kliniken auf keine einheitliche Sichtweise treffen. Sind so viele verschiedene Antworten mit teilweise dann auch noch zwischen einzelnen Personen entstehenden Diskussionen darüber, wer nun mehr Recht hat, wirklich hilfreich? Gilt tatsächlich “je mehr Meinungen, desto besser”? Es wird Rückmeldungen geben, in denen die Nüchternzeiten deutlich kürzer empfohlen werden, als du es selbst kennst, und andere Antworten, in denen die Mahlzeitenpausen für ein Kind im gleichen Alter schon unfassbar lang zu sein scheinen. Kannst du da locker drüberstehen oder wirst du dir Gedanken machen, ob die euch gegenüber gegebenen Empfehlungen vielleicht falsch oder sogar schädlich für dein Kind sein könnten? Wenn zwei oder noch mehr “Experten” ganz unterschiedliche Zeiten nennen, kann doch nur einer von ihnen Recht haben, oder? Und wenn das nicht unser Arzt ist? Hat er überhaupt Ahnung? Können wir ihm denn dann bei den anderen Empfehlungen vertrauen? Sind wir bei ihm oder ihr nicht vielleicht ganz schlecht aufgehoben? Diese Gedanken werden auf jeden Fall kommen − die Frage ist nur, ob und wie du damit umgehen kannst. Hast du selbst denn schon verstanden und auch verinnerlicht, dass es bzgl. mancher Themen, wie z.B. den maximalen Nüchternzeiten − innerhalb eines gewissen und teilweise recht großzügig bemessenen Bereichs ziemlich pillepalle ist, an welche Empfehlungen man sich hält? Gerade die für andere Kinder “geltenden” Nüchternzeiten wurden und werden von den Eltern am häufigsten angefragt und sind dabei das meiner Meinung nach am stärksten überbewertete Thema überhaupt. Im Rückblick hätte ich damals ein paar für alle Teilnehmer verbindliche Forenregeln festlegen sollen und die erste Regel hätte lauten müssen: “Zum Zwecke des psychischen Wohlbefindens aller Teilnehmer vergleichen wir keine Nüchternzeiten − niemals!”. Mal auf uns Erwachsene übertragen − auch wenn man vielleicht manchmal ganz gerne wüsste, was die Kollegen mit der gleichen Stellenbeschreibung so verdienen, hofft man doch dabei insgeheim nur, dass man selbst im Vergleich der Gehälter ganz gut, wenn nicht gar am Besten dasteht. Wie wohl aber würdest du dich selbst bei deinem Arbeitgeber noch fühlen, wenn du dann feststellen müsstest, dass dein Gehalt doch relativ niedrig ist und andere, vielleicht auch noch jüngere oder vermeintlich weniger erfahrene Kollegen, deutlich mehr als du jeden Monat für die gleiche Arbeit bekommen?

Darüber hinaus werden gerade bei der Frage nach den Nüchternzeiten oftmals Äpfel mit Birnen verglichen! Obwohl einzelne Uniklinken schwere und milde MCAD-Ausprägungen immer noch absolut gleich behandeln (und oftmals auch nichts von milden Formen wissen wollen), werden an anderen Stoffwechselambulanzen Kindern mit eindeutig mildem MCAD-Mangel schon sehr früh extrem lange nächtliche Nüchternzeiten zugestanden, die für gleichaltrige Kinder mit schwerer Ausprägung absolut nicht zu empfehlen sind. Zeitenvergleiche ergeben daher – wenn überhaupt – nur dann einen gewissen Sinn, wenn bei jeder Antwort ganz eindeutig erkennbar ist, wie es um den MCAD-Hintergrund des betreffenden Kindes steht.

In gleicher Weise verhält es sich üblicherweise mit der Frage, ob und wieviel Carnitin gegeben wird, ob in ein oder zwei täglichen Portionen, nur in Krankheitszeiten oder abwechselnd ja nach Ergebnis der letzten Blutuntersuchung. Huch, welche Blutuntersuchung? Unser Arzt hat nichts von irgendwelchen Blutwerten erzählt. Hat er die wichtigen Punkte überhaupt überprüfen lassen? Sollten wir vielleicht schon längst Carnitin geben, und er hat es nur nicht verschrieben, weil er mit den Werten nichts anfangen kann? Kommt Dir das schon ein wenig bekannt vor? Ganz schlimm wird es, wenn dann auch noch Acylcarnitinwerte, bzw. die Menge des bei einzelnen Kindern gemessenen freien Carnitins verglichen werden. Dann kann man sich schnell die Frage stellen, ob denn die Werte des eigenen Kindes jetzt zu niedrig oder zu hoch sind oder warum diese Werte überhaupt nicht gemessen wurden.

Wenn du dich jetzt bereits durch die Inhalte der letzten drei Absätze stark verunsichert fühlst, bist du definitiv noch nicht reif genug für den unvorbereiteten Austausch mit einer größeren Gruppe anderer Betroffener, die alle unterschiedliche Sichtweisen weitergeben. Oft sind diese Sichtweisen – ohne dass die Antwortenden sich dessen tatsächlich bewusst zu sein – noch dazu durch das eigene mehr oder weniger umfangreiche Verständnis der Thematik stark gefärbt und verändert. Längst nicht immer ist das, was jemand als vermeintlich verlässliche Aussagen seiner Ärztin von sich gibt, auch tatsächlich das, was diese wirklich damit sagen wollte. Denke dabei nur an die starke Veränderung der ursprünglichen Botschaft beim “Stille Post”-Spiel bereits durch die erste Person, die diese selbst nur mündlich gehörte Nachricht weitergibt. Außerdem sind die Termine in den Stoffwechselambulanzen oft von Hektik seitens der Ärzte und Aufregung seitens der Eltern geprägt, sodass die meist knappen oder im Gegenteil sehr umfangreich ausfallenden mündlichen Antworten bis zur Rückkehr nach Hause schon halb vergessen sind oder in Teilen falsch erinnert werden (Merke: immer alle eigenen Fragen im Vorfeld schriftlich notieren und die Antworten des Arztes während des Termins wenigstens in Stichworten mitschreiben!). Und viel zu oft vermischen sich in ein und demselben Antwortbeitrag ein paar wenige zutreffende Fakten mit anderen schnell mal ergoogelten und dabei völlig aus dem nicht verstandenen Zusammenhang gerissenen Halbwahrheiten. So wurde ich z.B. mal zu einer nicht nachvollziehbaren Aussage mit bislang völlig unbekannten Fakten aus einer Facebook-Diskussion rückgefragt, weil sich anscheinend eine von der “Mast Cell Activation Disorder” betroffene Person (wohl aufgrund der identischen Abkürzung dieser Krankheit) vermutlich versehentlich in die MCAD-Mangel-Gruppe “eingeschmuggelt” hatte und mit Aussagen und Begriffen um sich warf, die bei einigen Teilnehmern zu größerer Verwirrung führten. Nur so konnte ich mir die an mich weitergeleiteten Aussagen erklären, die überhaupt nicht zum MCAD-Mangel, aber hundertprozentig zur Mastzellenaktivierungsstörung passten. Ob meine diesbezügliche Vermutung damals aber den Weg zurück in die betreffende Facebook-Diskussion gefunden und dort vielleicht zur Aufklärung bzgl. der zuvor gemachten Äusserungen beigetragen hat, ist mir nicht bekannt. Insofern sollte man im Austausch mit vielen anderen Betroffenen auch immer erst ein wenig skeptisch bleiben, wenn plötzlich für alle Teilnehmer neue “Fakten” (z.B. bezüglich Symptomen oder Therapiemöglichkeiten) eingebracht werden. Unter Umständen beziehen sich diese Infos auch einfach nur auf die falsche Krankheit.

Darüber hinaus sind soziale Medien, in denen die Beiträge ganz schnell nach unten oder oben aus dem Sichtbereich rauslaufen, einfach nicht als Informationsspeicher geeignet. Gerade neue Teilnehmer können meist nicht mehr sehen, ob die sie interessierende Fragestellung vielleicht schon öfters diskutiert wurde und fragen dann halt einfach nochmal nach. Daher werden die gleichen Themen in kurzen Zeitabständen wieder und wieder durchgekaut.

Was sind das hauptsächlich für Themen, auf die du unter den aktuellen Beiträgen stoßen wirst? Da die sozialen Medien, wie gerade beschrieben, nicht als Informationsspeicher taugen, sind es Themen, die die Teilnehmer jetzt gerade ganz akut beschäftigen. Als da wären? Nun, das ist nicht viel anders als in den täglichen TV-Nachrichten. Dort geht es um Kriege, Krisenherde, Naturkatastrophen, Ausbreitung von Krankheiten, Flugzeugabstürze, Verbrechen, Politik und Skandale. Damit lockt man die Menschen vor den Fernseher und mit genau solchen Themen rechnet man doch heutzutage fast nur noch. Damit die zur Verfügung stehenden knappen 15 Minuten Sendezeit nicht nur mit schlimmen Dingen gefüllt werden, wird am Ende noch für 15 Sekunden von einem niedlichen Tierbaby berichtet, das in irgendeinem Zoo geboren wurde, oder Bilder von ein paar Krokussen in irgendeinem Garten gezeigt, die darauf hinweisen, dass der Frühling langsam wiederkommt. Dabei passieren auf der Welt jeden Tag unfassbar viele gute und schöne Dinge, aber diese sind in Punkto Nachrichten nun mal nicht zielgruppenrelevant. Es geht hauptsächlich um Themen, über die sich die Zuschauer aufregen oder Sorgen oder sogar Ängste machen können. So ähnlich verhält es sich − wenn auch nicht mit Absicht − wenn sich eine größere Anzahl von Leuten mal gerade schnell gegenseitig mitteilen möchte, was sie aktuell in Bezug auf den MCAD-Mangel beschäftigt. Die Themen sind also vor allem: Krankheiten, schwierige Nahrungsaufnahme, Krankheiten, Verabschiedungen zum vorsorglichen Krankenhausaufenthalt, Krankheiten, Ärger mit der Kita, der Schule oder den ignoranten Stoffwechselärzten, noch mehr Krankheiten und immer wieder werden gerade noch eben verhinderte oder bereits lange zurückliegende Entgleisungen erwähnt – wobei das unter Umständen auch nur der Begriff im Sprachgebrauch einzelner Eltern ist, mit dem sie eine in ihren Augen auffällige Müdigkeit oder Quängeligkeit ihres Kindes bezeichnen und diese Situationen im medizinischen Sinne noch lange keine “Stoffwechselentgleisung” darstellen. Wie auch immer – auf Erfolgsgeschichten und tolle Entwicklungsschritte der Kinder wirst du im schriftlichen Austausch mit gleichzeitig vielen Eltern, wenn überhaupt, dann nur sehr selten stoßen.

Ein letzter wichtiger Punkt, dessen du dir im Voraus bewusst sein solltest, ist der, dass dir in einem großen Teilnehmerkreis vor allem viele “neue” MCAD-Eltern (in ihren ersten 3 bis 4 Jahren mit dem MCAD-Mangel) antworten werden, da diese, aufgrund ihrer Unerfahrenheit, einfach noch das stärkste Interesse und den größten Bedarf an gegenseitigem Austausch haben. Das war schon hier im Forum über die Jahre hinweg sehr deutlich zu beobachten. Bei allen “alten Hasen” stellt sich nach einiger Zeit des Umgangs mit dem MCAD-Mangel eine gewisse Routine ein. Der MCAD-Mangel des Kindes tritt im täglichen Leben mehr und mehr in den Hintergrund und in gleichem Maße lässt auch das Interesse an der Beteiligung in Diskussionsgruppen nach – zumindest bei denjenigen Fragen, auf die sie bereits dutzende Male die gleiche Antwort gegeben haben, also zu den Standardthemen wie Nüchternzeiten, Carnitingaben, Maltodextrin, Ernährung im Krankheitsfall, wann in die Klinik, usw… Selbstverständlich gibt es trotzdem immer mal Antworten von Teilnehmern, die wirklich bei dem, was sie schreiben, auf eine langjährige Erfahrung zurückgreifen können, aber die meisten Antworten werden von neu betroffenen Eltern gegeben, von denen die wenigsten schon die nun mal notwendige Zeit aufwenden konnten, die es halt braucht, um sich intensiver mit dem MCAD-Mangel auseinander zu setzen und die Zusammenhänge zu verstehen. Wenn dann − mit selbstverständlich besten Absichten − eigene Vermutungen oder auch nur halb verstandene Empfehlungen der eigenen Ärzte als vermeintlich gut belegte Ratschläge in großer Zahl und oftmals einander widersprechend weitergegeben werden, können darin die wirklich guten Empfehlungen der wenigen sich noch beteiligenden Eltern mit umfassendem Erfahrungsschatz untergehen. Natürlich − und dass ist das unumstößliche Prinzip jeder Diskussionsgruppe, sei es in Foren oder auf Facebook − hat jeder Teilnehmer in gleicher Weise die Möglichkeit und auch das Recht auf die Weitergabe seiner eigenen Sichtweise. Dessen solltest du dir aber nun mal im Voraus bewusst sein, denn wirklich für sich selbst herausfiltern, wessen Antworten qualitativ hochwertig sind und wer auf der anderen Seite einfach nur zu allen Themen mit schnell ergoogelten Informationen antwortet, ohne diese tatsächlich verstanden und hinsichtlich ihrer Relevanz bewertet zu haben, kann man erst, wenn man sich selbst schon etwas besser mit dem Thema auskennt.

Das sind die Fakten! So war es zur Zeit des Forums, und so wird es mir auch heute noch immer mal wieder aus den Reihen der Facebook-Teilnehmer geschildert. Du musst selbst überlegen, wie sehr du nach dem anfangs sicher vorhandenen Schock über den MCAD-Mangel inzwischen schon wieder psychisch gefestigt bist, um die regelrechte Überschwemmung mit vielen unterschiedlichen Meinungen zu ertragen. Im besten Fall schaffst du es, dir aus den Diskussionen die “Informations-Rosinen” herauszupicken und den Rest auszublenden. Diese Unterscheidung treffen zu können erfordert allerdings schon ein wenig eigene Erfahrung und vor allem ein schon etwas umfangreicheres eigenes Verständnis über die Hintergründe und “Mechanismen” des MCAD-Mangels. Ansonsten kann es aber auch passieren, dass du durch die Masse an unterschiedlichen Sichtweisen überfordert und extrem verunsichert wirst. Dutzende Teilnehmer des früheren Forums haben mich schon wenige Wochen nach ihrer Anmeldung, teilweise auch nur nach Tagen, um die Löschung ihres Accounts gebeten, weil sie es nicht mehr ertragen konnten, aufgrund der vielen unterschiedlichen Empfehlungen der anderen Teilnehmer ständig im Zweifel zu sein, ob sie es denn mit ihrem Kind überhaupt richtig machen. Mit vielen von ihnen hatte ich danach aber noch über Jahre hinweg außerhalb des Forums Kontakt, um ihnen die dann doch immer mal neu aufkommenden Fragen zu beantworten.

Meine persönliche Empfehlung: versuche die andern Eltern, bzw. ihre Charaktere über die zur Verfügung stehenden sozialen Medien ein wenig kennenzulernen, um dann gezielt mit einzelnen Personen Kontakt aufzunehmen, deren Sichtweise du für vernünftig und mit deiner eigenen als einigermaßen kompatibel empfindest. Es bringt überhaupt nichts, sich näher mit denjenigen zu befassen, die vieles ganz anders machen, als es euch selbst seitens eurer Ärzte empfohlen wurde. Gib nicht zu viel darauf, dass du in einer größeren Gruppe möglichst viele Rückantworten bekommst. Gerade bei Themen, die von allen Eltern oder auch Stoffwechselärzten nach Lust und Laune gehandhabt werden (beim MCAD-Mangel hat tatsächlich so ziemlich jede Klinik ihre ganz eigene Sicht- und Vorgehensweise!), bringt das eher Verunsicherung als Klarheit. Lass Dich nicht davon verrückt machen, dass es in fast allen Beiträgen hauptsächlich um Probleme geht. In Wirklichkeit machen diese scheinbar so allgegenwärtigen und ständigen Probleme im tatsächlichen Leben jeder einzelnen Familie nur einen winzig kleinen Teil aus, aber überall dort, wo sich Betroffene in einer sie verbindenden Gruppe zusammenschließen − sei es Forum, WhatsApp oder Facebook − geht es fast ausschließlich um diesen winzig kleinen Teil und durch die Menge der Beiträge erscheint er dann doch wieder wie ein riesiger Berg. Das ist nun mal das Wesen von Diskussionsgruppen im Internet. Sei Dir also bewusst, dass dich all dies erwarten wird und dann überlege dir, ob du es jetzt schon ertragen kannst, oder ob du erst noch ein wenig mehr Sicherheit im Umgang mit dem MCAD-Mangel erlangen solltest, bevor du dich auf den Austausch mit einer größeren Gruppe anderer Eltern einlässt. Die zu Zeiten des Forums entstandene “Es gibt Eltern-Liste” im Artikel “Lohnende Gedanken” kann dich auch noch ein wenig darauf vorbereiten.Austausch für Betroffene