Unterschiedliche Notationen erschweren dem Laien den Durchblick
Die für den MCAD-Mangel und andere Stoffwechselstörungen verantwortlichen Genmutationen werden üblicherweise in zwei unterschiedlichen Notationen beschrieben:
a) in Form des erfolgten Basenaustausches an einer bestimmten Position des Gencodes (z.B. c.985A>G), im folgenden Basennotation genannt, oder
b) in Form der Kurzbezeichnung der üblicherweise und der durch die Mutation stattdessen an einer bestimmten Stelle des Proteins eingefügten Aminosäure (z.B. K329E), im folgenden Proteinnotation genannt.
Obwohl die beiden oft in Befunden zu findenden zuvor genannten Bezeichnungen völlig unterschiedlich aussehen, beschreiben sie die identische Mutation innerhalb des MCAD-Gens, was sich aber dem unerfahrenen MCAD-Neuling natürlich nicht direkt erschließt − was sollten z.B. alleine schon mal die Zahlen 985 und 329 miteinander zu tun haben − ausser dass die erste ungefähr dreimal so groß ist, wie die zweite. Leider wird in den Laborberichten zur molekulargenetischen Untersuchung oft nur eine der beiden möglichen Bezeichnungen genannt. Dieser Umstand erschwert oft die Suche nach weiteren Informationen zu den etwas selteneren Mutationen, da in vielen Online-Berichten natürlich genau die andere und somit unbekannte Notation verwendet wird.
Die folgende Liste enthält eine Übersicht vieler bisher bekannter MCAD-Mutationen in beiden üblichen Notationen, sowie die Angabe des betroffenen Exons/Introns und eine (vorsichtige) Einschätzung, ob es sich um eine milde (benigne=gutartige) Mutation handeln könnte (siehe unter der Tabelle angegebene Quelle). Bei einigen in der letzten Spalte mit “ja” bezeichneten Mutationen stammt diese Einschätzung aus den Befunden, bzw. den gegenüber den Eltern gemachten Äusserungen der jeweiligen Stoffwechselambulanzen, in denen die davon betroffenen Kinder betreut werden. Da die Einschätzungen in dieser Tabelle lediglich auf eine einzelne Mutation bezogen werden, ein MCAD-Mangel aber immer Mutationen auf beiden Genkopien voraussetzt, ist die Aussage “ja” so zu interpretieren, dass zumindest das von dieser Mutation betroffene Allel nach Einschätzung der Experten ein Enzym mit einem so großen Restnutzen produzieren könnte, dass alleine dadurch die Verarbeitung der mittelkettigen Fettsäuren weitgehend problemlos erfolgen sollte.
Mutationen ohne Eintragung in der letzten Spalte sind allerdings nicht automatisch als schwer einzustufen, es wurden in den öffentlich zugänglichen Quellen lediglich bislang keine Einschätzungen dazu gefunden.
Anmerkung: Bei der in der folgenden Tabelle angegebenen Einstufung der Mutationen auf ihren möglichen Beitrag zur Ausprägung eines milden oder schweren MCAD-Mangels, muss ein ohne entsprechende Recherchen nicht ersichtlicher Umstand berücksichtigt werden: mit sehr wenigen Ausnahmen kommen fast alle diese zur Zeit rund 70 bekannten MCAD-Punktmutationen sehr selten vor und diese Einschätzungen beruhen daher fast immer auf Untersuchungen einzelner Fälle, auf die in den Arbeiten anderer Forschungsgruppen jedoch immer und immer wieder referenziert wird.
Auch wenn sich also im Internet z.B. zu den Mutationen G267R oder S245L dutzende Berichte teils neueren Datums finden lassen, die bei homozygotem Vorliegen dieser beiden Mutationen eine milde Ausprägung nahelegen, handelt es sich bei den in allen diesen Berichten genannten MCAD-Patienten immer um die selben beiden Kinder, deren biochemische Auswirkungen des MCAD-Mangels bereits im Jahr 2001 untersucht und beschrieben wurden.
Eine wirklich breitere Datenbasis existiert daher nur für die sehr häufig auffindbaren Mutationen, zu denen vor allem die Punktmutationen c.985A>G (K329E) und c.199T>C (Y67H) zählen.
Bekannte Punktmutationen
Als “Punktmutationen” werden genetische Mutationen bezeichnet, bei denen an einer Stelle des genetischen Codes eine Veränderung in Form eines einzelnen Basenaustauschs erfolgt ist (missense-Mutation), die restliche Sequenz durch diese Mutation aber nicht verändert wurde. Im Gegensatz dazu führen Insertions, Deletions und auch Stopmutationen zu einer vollständigen Veränderung der ab der betreffenden Stelle folgenden Basensequenz und somit zu einer weitreichenden Fehlbildung des anhand dieses Bauplans gebildeten Enzyms.
DNA-Basenwechsel |
Exon/Intron | Protein |
trägt möglicheweise zu milder Ausprägung bei? |
c.50G>A | Exon 2 | p.R17H | |
c.85C>T
|
Exon 2 | p.R29X | nein (Stop-Codon am Anfang der Sequenz) |
c.92G>A | Exon 2 | p.P31H | ja |
c.127G>A | Exon 3 | p.E43K | ja |
c.134A>G | Exon 3 | p.Q45R | ja |
c.145C>G | Exon 3 | p.Q49E | (ja) nein |
c.155C>T | Exon 3 | p.A52V | |
c.157C>T | Exon 3 | p.R53C | homozyg.: ja comp-het.: nein |
c.166G>C | Exon 3 | p.A56P | |
c.199T>C | Exon 3 | p.Y67H | ja |
c.233T>C | Exon 4 | p.I78T | homozyg.: nein comp-het.: nein |
c.238A>G | Exon 4 | p.R80G | ja |
c.250C>T | Exon 4 | p.L84F | nein |
c.253G>T | Exon 4 | p.G85C | nein |
c.261G>A | Exon 4 | p.M87I | ja (quasi Carrier, wenn zusammen mit anderer schwerer Mutation) |
c.275C>T | Exon 4 | p.P92L | |
c.311A>G | Exon 5 | p.D104G | |
c.320T>C | Exon 5 | p.L107S | nein |
c.346T>G | Exon 5 | p.C116G | nein |
c.347G>A | Exon 5 | p.C116Y | nein |
c.351A>C | Exon 5 | p.T117T | ja (stille Mutation) |
c.362C>T | Exon 5 | p.T121I | nein |
c.395C>G | Exon 6 | p.P132R | |
c,424A>G | Exon 6 | p.K142E | ja |
c.430A>T | Exon 6 | p.K144X | nein (Stop-Codon nach erstem Drittel der Sequenz) |
c.443G>A | Exon 6 | p.R148K | ja |
c.447G>A | Exon 6 | p.M149I | |
c.464T>C | Exon 6 | p.M155T | nein |
c.470C>T | Exon 7 | p.A157V | nein |
c.472T>C | Exon 7 | p.Y158H | nein |
c.474T>G | Exon 7 | p.Y158X | nein |
c.493G>A | Exon 7 | p.p.A165T | ? |
c.499T>C | Exon 7 | p.S167P | |
c.526G>A | Exon 7 | p.A176T | |
c.533A>C | Exon 7 | p.K178T | |
c.554T>C | Exon 7 | p.I185T | nein |
c.577A>G | Exon 7 | p.T193A | |
c.580A>G | Exon 7 | p.N194D | |
c.583G>A | Exon 7 | p.G195R | nein |
c.587G>A | Exon 7 | p.G196E | nein |
c.589A>G | Exon 7 | p.K197E | |
c.608T>G | Exon 8 | p.L203X | nein |
c.609A>C | Exon 8 | p.L203F | |
c.616C>T | Exon 8 | p.R206C | homozyg.: ja comp-het.: nein |
c.617G>A | Exon 8 | p.R206H | nein |
c.617G>T | Exon 8 | p.R206L | nein |
c.631C>T | Exon 8 | p.P211S | |
c.659T>C | Exon 8 | p.T220I | ja |
c.661G>A | Exon 8 | p.G221R | |
c.662G>A | Exon 8 | p.G221E | |
c.683C>A | Exon 8 | p.T228N | |
c.698T>C | Exon 8 | p.I233T | nein, aufgrund sehr hoher C8/C10-Ratios, wenn comp-het mit K329E |
c.694C>T | Exon 8 | p.Q232X | nein |
c.730T>C | Exon 9 | p.C244R | |
c.734C>T | Exon 9 | p.S245L | ja |
c.742A>G | Exon 9 | p.R248G | |
c.757G>A | Exon 9 | p.E253K | ja (vergleichbar c.199T>C/Y67H) |
c.789A>C | Exon 9 | p.L263F | nein |
c.797A>G | Exon 9 | p.D266G | ja (in Kombi mit K329E durch Enzymaktivitäts-analyse 23% nachgewiesen) |
c.799G>A | Exon 9 | p.G267R | homozyg.: ja comp-het.: nein |
c.806G>A | Exon 9 | p.G269D | |
c.820A>G | Exon 9 | p.M274V | |
c.842G>C | Exon 9 | p.R281T | |
c.843A>T | Exon 9 | p.R281S | |
c.865G>A | Exon 10 | p.V289I | |
c.881G>C | Exon 10 | p.R294T | |
c.890A>G | Exon 10 | p.D297G | ja |
c.928G>A | Exon 10 | p.G310R | nein |
c.977T>C | Exon 11 | p.M326T | |
c.985A>G | Exon 11 | p.K329E | nein |
c.1001G>A | Exon 11 | p.R334K | |
c.1008T>A | Exon 11 | p.S336R | |
c.1010A>C | Exon 11 | p.Y337S | nein |
c.1042C>T | Exon 11 | p.R348C | nein |
c.1045C>T | Exon 11 | p.R349X | ? (Stop-Codon gegen Ende der Sequenz) |
c.1052C>T | Exon 11 | p.T351I | |
c.1055A>G | Exon 11 | p.Y352C | |
c.1066A>T | Exon 11 | p.I356F | nein |
c.1067T>C | Exon 11 | p.I356T | |
c.1085G>A | Exon 11 | p.G362E | |
c.1115C>A | Exon 11 | p.A372D | nein |
c.1124T>C | Exon 11 | p.I375T | |
c.1150G>T | Exon 11 | p.E384X | ? (Stop-Codon gegen Ende der Sequenz) |
c.1189T>A | Exon 11 | p.Y397N | |
c.1237C>A | Exon 12 | p.R413S | |
c.1238G>A | Exon 12 | p.R413H | nein |
zur Erklärung: die Eintragung “comp-het.: nein” in der rechten Spalte bedeutet, dass die betreffende Mutation in Kombination mit c.985A>G (K329E) in der Vergangenheit bereits zu (beginnenden) Entgleisungen geführt hat und diese Kombination somit als pathologisch zu betrachten ist.
DNA-Basenwechsel |
Exon/Intron | Protein | trägt möglicheweise zu milder Ausprägung bei? |
c.287/2A>G (IVS4-2A>G) | Intron 4 | ||
c.1114_1115insG | Exon 11 | p.A372fs | nein (frameshift) |
c.74C>G | Exon 2 | p.T25R | ja |
c.927delC | Exon 10 | – | nein (frameshift) |
c.216+1G>T | Intron 3 | – | nein |
c.203delA | Exon 3 | alte Zählung: Asp43ValfsX10 neue Zählung: p.D68VfsX10 |
nein (frameshift) |
c.901A>T | Exon10 | p.K301X | nein (Stop-Codon) |
c.244_245insT | Exon 4 | p.D104X | nein (frameshift) |
c.1092T>G | Exon 11 | p.I364M | ja (in Kombi mit K329E durch Enzymaktivitäts-analyse 21% nachgewiesen) |
Tabelle 2: Weitere Mutationen aus den Reihen der früheren Forenmitglieder dieser Seite
Zur Erklärung der in beiden Notationen verwendeten Zählweise
Ein DNA-Strang setzt sich aus variabler Abfolge der Basen Adenin, Guanin, Cytosin und Thymin zusammen. Immer drei Basen bilden zusammen ein Codon (Basentriplett), welches für eine bestimmte Aminosäure codiert. Bei der Zählung in der Proteinnotation wird immer die Nummer der aus einem Basentriplett codierten Aminosäure angegeben, daher ist die enthaltene Zahl immer genau ein Drittel so groß, wie die in der Basennotation genannte Position der veränderten Base. Die Basen an den Positionen 1, 2 und 3 gehören somit zum ersten Triplett bzw. der ersten Aminosäure, die Positionen 4,5 und 6 zum zweiten Triplett bzw. der zweiten Aminosäure, usw.
In der Proteinnotation wird zusätzlich angeführt, welche aus diesen drei Basen codierte Aminosäure normalerweise entstehen sollte und welche aufgrund der vorliegenden Mutation nun stattdessen gebildet wird. Dies wird mit den Buchstaben vor und nach der Zahl ausgedrückt. Da jeweils mehrere der 20 existierenden Aminosäuren mit dem gleichen Buchstaben beginnen, werden sie in der Nomenklatur mit einbuchstabigen Symbolen abgekürzt, die teilweise nichts mit dem realen Namen zu tun haben (siehe Tabelle 3).
Beispiel: Die am weitesten verbreitete Mutation c.985A>G beschreibt einen Austausch der 985. Base von Adenin (A) nach Guanin (G), welche (geteilt durch 3) die erste der drei Basen des 329. Tripletts ist. Dadurch entsteht aus der normalerweise mit diesem Triplett codierten Aminosäure Lysin (Symbol “K”, an dieser Position in der Codonvariante AAA enthalten) die Aminosäure Glutamat (Symbol “E”, Codon GAA). Zusammengesetzt lässt sich somit aus 985A>G die andere Schreibweise der gleichen Mutation namens K329E ableiten.
Name der Aminosäure |
Symbol |
mögliche Codons |
Alanin | A | GCT, GCC, GCA, GCG |
Arginin | R | CGT, CGC, CGA, CGG, AGA, AGG |
Asparagin | N | AAT, AAC |
Asparaginsäure | D | GAT, GAC |
Cystein | C | TGT, TGC |
Glutamin | Q | CAA, CAG |
Glutaminsäure (Glutamat) | E | GAA, GAG |
Glycin | G | GGT, GGC, GGA, GGG |
Histidin | H | CAT, CAC |
Isoleucin | I | ATT, ATC, ATA |
Leucin | L | TTA, TTG, CTT, CTC, CTA, CTG |
Lysin | K | AAA, AAG |
Methionin (Start-Codon) | M | ATG |
Phenylalanin | F | TTT, TTC |
Prolin | P | CGT, CCC, CCA, CCG |
Serin | S | TCT, TCC, TCA, TCG, AGT, AGC |
Threonin | T | ACT, ACC, ACA, ACG |
Tryptophan | W | TGG |
Tyrosin | Y | TAT, TAC |
Valin | V | GTT, GTC, GTA, GTG |
Stop(Nonsense)-Codons | X | TAA, TAG, TGA |
Tabelle 3: Alle 20 Aminosäuren, deren Symbole und mögliche Codons
Um bei Interesse nun herauszufinden, was durch die gefundene Mutation genau passiert, kann die obige Tabelle herangezogen werden. Wichtiger Hinweis: In vielen Codon-Tabellen und auch dem Video zur Protein-Biosynthese in Artikel 2 “Woher kommt der MCAD-Mangel” kommt in den Basentripletts zur Codierung der Aminosäuren nicht die Base Thymin (T), sondern die Base Uracil (U) vor. Dies liegt daran, dass genaugenommen nicht die Basenabfolge der DNA, sondern die der daraus “transkribierten” mRNA als Schablone zur Bildung der Aminosäurenkette dient. In der mRNA gibt es aber keine T-Base, sondern stattdessen die U-Base. Bei der Bezeichnung der auf dem Gen aufgetretenen Mutation wird allerdings die betroffene Base der DNA genannt. Daher heißt es in der Basennotation z.B. c.901a>t und nicht c.901a>u, obwohl es letzlich die veränderte Basenfolge uag in der mRNA an den Positionen 901 bis 903 ist, die bei dieser Mutation der DNA zum vorzeitigen Abbruch der Aminosäurenverkettung führt. Kurz gesagt muss man sich einfach überall dort, wo in irgendwelchen anderen Tabellen oder “Code-Sonnen” der Buchstabe U angegeben ist, einfach ein T hineindenken, um wieder auf die in der Basennotation verwendeten Buchstaben zu kommen.
Abildung 1: Eine Code-Sonne (Quelle). Die Basen werden von innen nach aussen gelesen, um auf die möglichen Codes für eine der am äußeren Rand genannten Aminosäuren zu kommen.
Beispiel: Die häufig gefundene und als mild eingeschätzte Mutation p.Y67H (c.199T>C) bewirkt den Wechsel von Tyrosin (Symbol “Y”, Codons TAT, TAC) nach Histidin (Symbol “H”, Codons CAT, CAC) im 67. Triplett, welches die Basen 199, 200 und 201 umfasst. Der Basenaustausch erfolgt in der ersten Base dieses Tripletts, also änderte sich gemäß Tabelle 5 das Codon an dieser Stelle von TAT nach CAT.
Eine Sonderform − die “stillen” Mutationen!
Nicht jede Mutation in Form eines Basenaustauschs führt zwangsläufig zur Einbindung einer falschen Aminosäure innerhalb der Sequenz. Da sich aufgrund der Kombinationsmöglichkeiten aus den vier Basen A, C, G und T insgesamt 64 verschiedene Codons bilden lassen, die aber insgesamt nur für 20 (mit “X” 21) verschiedene Aminosäuren kodieren, gibt es eine ganze Reihe von denkbaren und auch vorkommenden DNA-Mutationen, die zwar eine Base gegen eine andere austauschen, jedoch im Ergebnis trotzdem die gleiche Aminosäure beschreiben. So kann z.B. das “T” in GCT auch aufgrund einer Mutation durch die Basen A, C und G ersetzt werden, und trotzdem führen alle diese Variationen nach wie vor zur Einbindung von Alanin. Man bezeichnet diese Mutationen als “still”, bzw “silent”, da man sie zwar im Rahmen einer Gensequenzierung finden würde, die Aminosäurenfolge jedoch nicht verändert ist und das Protein somit keinerlei Auffälligkeiten bzw Einschränkungen aufweist.
Die vollständige MCAD-Aminosäuren-Sequenz
Insgesamt besteht das MCAD-Enzym aus einer Sequenz von 421 Aminosäuren und somit aus 1263 codierenden Basen. Die restlichen 37640 Basen befinden sich innerhalb von Introns oder anderen nicht codierenden Regionen. Die normale Abfolge der Aminosäuren-Sequenz lautet wie folgt:
1-50 | MAAGFGRCCR | VLRSISRFHW | RSQHTKANRQ | REPGLGFSFE | FTEQQKEFQA |
51-100 | TARKFAREEI | IPVAAEYDKT | GEYPVPLIRR | AWELGLMNTH | IPENCGGLGL |
101-150 | GTFDACLISE | ELAYGCTGVQ | TAIEGNSLGQ | MPIIIAGNDQ | QKKKYLGRMT |
151-200 | EEPLMCAYCV | TEPGAGSDVA | GIKTKAEKKG | DEYIINGQKM | WITNGGKANW |
201-250 | YFLLARSDPD | PKAPANKAFT | GFIVEADTPG | IQIGRKELNM | GQRCSDTRGI |
251-300 | VFEDVKVPKE | NVLIGDGAGF | KVAMGAFDKT | RPVVAAGAVG | LAQRALDEAT |
301-350 | KYALERKTFG | KLLVEHQAIS | FMLAEMAMKV | ELARMSYQRA | AWEVDSGRRN |
351-400 | TYYASIAKAF | AGDIANQLAT | DAVQILGGNG | FNTEYPVEKL | MRDAKIYQIY |
401-421 | EGTSQIQRLI | VAREHIDKYK | N(X) |
Tabelle 4: Aminosäuren-Sequenz des MCAD-Enzyms
Rot: Die am weitesten verbreitete Mutation K329E (c.985A>G)
Grün: Die inzwischen oft gefundene milde Mutation Y67H(c.199T>C)
Die vollständige Nukleotid-Sequenz
Die zuvor aufgeführten Aminosäuren werden durch die oben beschriebenen Basentripletts codiert. Die Sequenz beginnt mit dem Startcodon “atg” , welches gleichzeitig die Aminosäure Methionin (M) codiert. Es folgt in der ersten Zeile mit den Codons “gca gcg ggg ttc ggg cga tgc tgc agg” die Aminosäuren-Sequenz “A A G F G R C C R”, usw. Die gesamte Folge endet mit einem der drei möglichen Stopcodons, in diesem Fall “taa”. Auch in dieser Tabelle ist die für K329E (c.985a>g) verantwortliche Mutation in rot und die für Y67H (c.199t>c) zuständige Mutation in grün markiert, diesmal allerdings auf Basenebene.
An einer Vielzahl von Stellen innerhalb dieser Sequenz kann sich ein vorzeitiges Stop-Codon (taa, tag, tga) ergeben, wenn durch eine vorher in der Sequenz auftretende Insertion oder Deletion eine Verschiebung des Leserasters um eine oder zwei Stellen nach vorne oder nach hinten bewirkt wird. Dies zeigt eindrücklich, dass eine Deletion oder Insertion − und sei es auch nur um ein oder zwei Stellen − bereits an einer kurz danach folgenden Stelle ein Stopp-Codon erzeugt und in so gut wie allen Fällen das gesamte Protein unbrauchbar macht.
1 31 61 91 121 151 181 211 241 271 301 331 361 391 421 451 481 511 541 571 601 631 661 691 721 751 781 811 841 871 901 931 961 991 1021 1051 1081 1111 1141 1171 1201 1231 1261 |
atg gca gcg ggg ttc ggg cga tgc tgc agg gtc ctg aga agt att tct cgt ttt cat tgg aga tca cag cat aca aaa gcc aat cga caa cgt gaa cca gga tta gga ttt agt ttt gag ttc acc gaa cag cag aaa gaa ttt caa gct act gct cgt aaa ttt gcc aga gag gaa atc atc cca gtg gct gca gaa tat gat aaa act ggt gaa tat cca gtc ccc cta att aga aga gcc tgg gaa ctt ggt tta atg aac aca cac att cca gag aac tgt gga ggt ctt gga ctt gga act ttt gat gct tgt tta att agt gaa gaa ttg gct tat gga tgt aca ggg gtt cag act gct att gaa gga aat tct ttg ggg caa atg cct att att att gct gga aat gat caa caa aag aag aag tat ttg ggg aga atg act gag gag cca ttg atg tgt gct tat tgt gta aca gaa cct gga gca ggc tct gat gta gct ggt ata aag acc aaa gca gaa aag aaa gga gat gag tat att att aat ggt cag aag atg tgg ata acc aac gga gga aaa gct aat tgg tat ttt tta ttg gca cgt tct gat cca gat cct aaa gct cct gct aat aaa gcc ttt act gga ttc att gtg gaa gca gat acc cca gga att cag att ggg aga aag gaa tta aac atg ggc cag cga tgt tca gat act aga gga att gtc ttc gaa gat gtg aaa gtg cct aaa gaa aat gtt tta att ggt gac gga gct ggt ttc aaa gtt gca atg gga gct ttt gat aaa acc aga cct gta gta gct gct ggt gct gtt gga tta gca caa aga gct ttg gat gaa gct acc aag tat gcc ctg gaa agg aaa act ttc gga aag cta ctt gta gag cac caa gca ata tca ttt atg ctg gct gaa atg gca atg aaa gtt gaa cta gct aga atg agt tac cag aga gca gct tgg gag gtt gat tct ggt cgt cga aat acc tat tat gct tct att gca aag gca ttt gct gga gat att gca aat cag tta gct act gat gct gtg cag ata ctt gga ggc aat gga ttt aat aca gaa tat cct gta gaa aaa cta atg agg gat gcc aaa atc tat cag att tat gaa ggt act tca caa att caa aga ctt att gta gcc cgt gaa cac att gac aag tac aaa aat taa |
Tabelle 5: Nukleotid-(Basen-)Sequenz des MCAD-Enzyms
Häufigkeit der Mutationen
In der Gesamtheit aller Punktmutationen, Insertions, Deletions, Splicing- und sonstigen Varianten, wurden bis heute etwa 340 verschiedene Mutationen des ACADM-Gens identifiziert. Etwa 89% aller betroffenen Allele in der westlichen Welt weisen allerdings die K329E-Mutation auf. Bei dieser Prozentangabe ist zu beachten, dass sich die Gesamtzahl im Wesentlichen aus den einseitigen Genmutationen der vielen Carrier zusammensetzt, die jeweils ein “betroffenes Allel” beisteuern. Gegenüber diesen alleine in Deutschland grob geschätzt 1,6 Millionen Carriern fallen die sogar zwei beigesteuerten mutierten Allele der wenigen MCAD-Betroffenen fast gar nicht ins Gewicht, obwohl diese z.B. beim Vorliegen von K329E homozygot sogar doppelt in die Gesamtzahl und somit auch die oben genannten 89% mit eingerechnet werden.
Pathogenetische Mutationen
Mit dem Begriff “pathogenetisch” (krankheitsauslösend) werden die Mutationen bezeichnet, die bereits im Zusammenhang mit erfolgten Stoffwechselkrisen auffällig wurden und somit als eindeutig schwere Mutation eingestuft werden können. Sie stammen fast alle aus der Zeit vor der Einführung des erweiterten Neugeborenenscreenings, als der bei einem Kind vorliegende MCAD-Mangel meist erst nach dem Eintreten einer ersten Krise diagnostiziert und untersucht wurde.
Zu diesen pathogenetischen Mutationen gehört natürlich an erster Stelle die c.985A>G (K329E), die am weitesten verbreitet ist. Zusätzlich wurden die c.157C>T (p.R53C), c.233T>C (p.I78T) und c.799G>A (p.G267R) im Zusammenspiel mit der K329E nach erfolgten Entgleisungen gefunden und somit als schwere Mutationen identifiziert.
Zusätzlich zu den zuvor aufgeführten “Missense”-Mutationen, bei denen der Gendefekt lediglich in dem Austausch einer einzigen Base besteht, können so ziemlich alle Insertion- und Deletion-Mutationen als pathogenetisch angesehen werden, da sich durch die damit verbundene Einfügung oder Entfernung eines oder mehrerer Zeichen aus dem Gencode das Leseraster für die aus jeweils 3 Basen bestehenden Codons verschiebt. Somit entsteht bei Insertions oder Deletions, deren Anzahl nicht glatt durch 3 teilbar ist, meist kurz nach der fehlerhaften Stelle aufgrund des veränderten Leserasters ein STOP-Codon, bei dem die Proteinbildung abbricht. Aus der Vergangenheit bekannte pathogenetische “Frameshift”-Mutationen sind z.B. c.306_307insG, c.430_432del, c.1100_1103del und c.1102_1105del. Die beiden letzten Mutationen tragen auch die etwas mehr aussagende Proteinbezeichnung p.A369LfsX18, weil durch die Löschung von jeweils 4 Basen ab der 369. Aminosäurenposition 18 Stellen danach ein STOP-Codon (X) entsteht. Noch komplizierter mutet die pathogenetische Mutation c.794_803del10bpinsTTTAA an. Dies bedeutet, das die ab der Basenposition 794 folgenden 10 Basenpaare (bp) gelöscht und gleichzeitig die dort normalerweise nicht vorhandene Basenfolge TTTAA eingefügt wurde.
Diese Liste ist nicht vollständig, wird von mir aber auch nicht mehr ergänzt.
Besonderheiten einzelner Mutationen
c.92G>A (p.P31H)
Die klinische Relevanz dieser Mutation hinsichtlich der Auslösung eines als solchen zu bezeichnenden MCAD-Mangels wird inzwischen stark bezweifelt. In neueren Studien zur Residualaktivität der von einer P31H betroffenen MCAD-Enzyme zeigten sich durchgängig doppelt so hohe Aktivitäten, wie bei der häufig aufgefundenen und als eindeutig mild anerkannten Variante Y67H, deren betroffene Patienten ebenfalls keine klinischen Symptome zeigen. Die Aktivität der betroffenen Enzyme entspricht somit fast vollständig der auf Basis des Wildtyp-Allels gebildeten Enzyme, was die Schlussfolgerung nahelegt, dass trotz des fehlerhaften Bauplans eine korrekte Faltung des Enzyms erfolgt.
c.127G>A (p.E43K)
Die klinische Relevanz dieser Mutation hinsichtlich der Auslösung eines als solchen zu bezeichnenden MCAD-Mangels wird inzwischen stark bezweifelt. Die bisher in Studien untersuchten Patienten mit der Mutationskombination c.985A>G und c.127G>A zeigten im Neugeborenenscreening durchweg nur sehr gering erhöhte C8 und C8/C10-Werte. Auch bei weiterer Beobachtung dieser Kinder konnten nicht die sonst für den MCAD-Mangel charakteristischen Auffälligkeiten gefunden werden. Diese Mutation scheint daher so harmlos zu sein, dass sich die leichten Erhöhungen im Screening im Wesentlichen aus dem gleichzeitigen Vorliegen der bekannten K329E-Mutation ableiten lassen, die dann aber als quasi heterozygot vorliegende ACADM-Mutation nicht zu einem nennenswerten Defizit des MCAD-Enzyms führt. Rein formal ein milder MCAD-Mangel, aber ganz dicht dran am reinen Carrier. In neueren Studien zur Residualaktivität der von einer E43K betroffenen MCAD-Enzyme zeigten sich durchgängig doppelt so hohe Aktivitäten, wie bei der häufig aufgefundenen und als eindeutig mild anerkannten Variante Y67H, deren betroffene Patienten ebenfalls keine klinischen Symptome zeigen. Die Aktivität der betroffenen Enzyme entspricht somit fast vollständig der auf Basis des Wildtyp-Allels gebildeten Enzyme, was die Schlussfolgerung nahelegt, dass trotz des fehlerhaften Bauplans eine korrekte Faltung des Enzyms erfolgt.
(Quellen: “Tandem Mass Spectrometric Analysis for Amino, Organic, and Fatty Acid Disorders…”
und “Spectrum of Medium-Chain Acyl-CoA Dehydrogenase Deficiency detected by Newborn Screening”)
c.74C>G (p.T25R)
Diese Mutation wird bislang nicht in den MCAD-Mutations-Datenbanken geführt, und scheint somit extrem selten zu sein. Sie wurde bei einem Kind in Kombination mit K329E gefunden, dessen phänotypische Ausprägung aufgrund der zwei gefundenen Mutationen und der leicht erhöhten Werte nach ärztlicher Einschätzung als milder MCAD-Mangel eingestuft wurde. Die im Neugeborenenscreening und den weiteren Untersuchungen ermittelten Acylcarnitinwerte lagen allerdings durchweg so minimal über den zugrundegelegten Grenzwerten, wie es sonst nur bei lediglich anfangs auffälligen, jedoch reinen Carriern der Fall ist. Die Mutation c.74C>G scheint daher − obwohl sie noch ganz am Anfang der Basensequenz platziert ist − fast gar keine Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des MCAD-Enzyms zu haben, so dass sich die leicht erhöhten Werte im Wesentlichen aus dem gleichzeitigen Vorliegen der K329E-Mutation ableiten lassen. Rein formal ein milder MCAD-Mangel, aber ganz dicht dran am reinen Carrier.
c.145C>G (p.Q49E)
Diese extrem seltene Mutation wurde in Folge einer schweren Entgleisung bei einem dreijährigen Mädchen in Kombination mit c.985A>G gefunden und wissenschaftlich untersucht. Die Untersuchungen haben eine relativ hohe Restaktivität des Enzyms bei gleichzeitiger geringer Konzentration der organischen Säuren im Urin während der Entgleisung ergeben. Obwohl die Mutationskombination c.145C>G/c.985A>G daher trotz bereits dokumentierter Entgleisung im vermutlich einzigen bekannten Fall ihres Vorliegens in den wissenschaftlichen Datenbanken als möglicherweise milde Ausprägung eines MCAD-Mangels geführt wird, soll hier festgehalten werden, dass sie nicht dazu geeignet ist, eine risikofreie Ausprägung des MCAD-Mangels vermuten zu lassen.
(Quelle: “A novel mutation of the ACADM gene (c.145C>G)…”)
c.799G>A (p.G267R)
Diese Mutation wurde in der Vergangenheit (ab 1991) in compound heterozygoter Kombination schon mehrmals in Folge einer metabolischen Entgleisung gefunden. Beim direkten Vergleich mit den Restaktivitäten von K329E haben sich zwar ähnliche Werte gezeigt, jedoch scheinen Personen mit G267R homozygot eine milde Ausprägung des MCAD-Mangels aufzuweisen. Diese Annahme basiert aber anscheinend auf bisher lediglich einem untersuchten Fall eines türkischen Kindes mit blutsverwandten Eltern.
(Quelle: “Molecular and functional characterisation of mild MCAD deficiency”)
c.734C>T (p.S245L)
Auch über diese Mutation wurde bisher hauptsächlich herausgefunden, dass sie bei homozygotem Vorliegen (ein untersuchter Fall eines türkischen Kindes mit blutsverwandten Eltern) zu einer milden, bzw milderen Ausprägung des MCAD-Mangels zu führen scheint, wenn man die biochemischen Werte mit denen von K329E homozygot vergleicht.
(Quelle: “Molecular and functional characterisation of mild MCAD deficiency”)
c.216+1G>T
Die Angabe “+1” in dieser Mutationsbezeichnung gibt an, dass die erste (“+1”) Base aus dem Intron betroffen ist, welches dem Exon mit der letzten Base an Position 216 folgt. Dabei handelt es sich um Exon 3, daher könnte diese Mutation auch mit der Bezeichnung IVS3+1G>T beschrieben werden. Die zwischen den Exons liegenden Introns werden normalerweise während des Splicing-Prozesses entfernt, so dass auf den Introns liegende Mutationen üblicherweise keine Bedeutung haben. Der Beginn eines Intron-Segments wird jedoch meist mit der Sequenz GT codiert (das Ende mit AG), und durch den Austausch von G>T in der Startsequenz GT wird diese zu TT, wodurch das Splicing an dieser Stelle nicht ordnungsgemäß funktioniert. Das Intron wird nicht als solches erkannt und entfernt, sondern führt zur weitgehenden Fehlbildung des entstehenden Proteins.
c.233T>C
Diese extrem seltene Mutation wurde im Rahmen einer von 2003-2005 laufenden niederländischen Studie zum MCAD-Mangel bei einem Kind mit möglicherweise blutsverwandten Eltern in homozygotem Zustand gefunden. Aufgrund der in typischer Weise erhöhten Acylcarnitinwerte und der deutlich verminderten Enzymrestaktivität wurde diese Mutation in die Gruppe der normalen, also schweren MCAD-Ausprägungen eingeordnet.
(Quelle: siehe Artikel “Neugeborenenscreening auf MCAD in den Niederlanden”)
c.287/2A>G (IVS4-2A>G)
Wie bei der zuvor beschriebenen Mutation, bezieht sich auch diese hier nicht auf ein Exon, sondern auf ein Intron, diesmal jedoch in der Rückwärtsbetrachtung. Die Notation IVS4-2A>G gibt an, dass am Ende des dem vierten Exon (IVS4) vorangehenden Introns die vorletzte Base (-2) einen Austausch von Adenin (A) nach Guanin (G) erfahren hat. Die zwischen den Exons liegenden Introns werden normalerweise während des Splicing-Prozesses entfernt, so dass auf den Introns liegende Mutationen üblicherweise keine Bedeutung haben. Das Ende eines Intron-Segments wird jedoch meist mit der Sequenz AG codiert (der Anfang mit GT), und durch den Austausch von A>G in der Endsequenz AG wird diese zu GG, wodurch das Splicing an dieser Stelle nicht ordnungsgemäß funktioniert. Das Intron wird nicht als solches erkannt und entfernt, sondern führt zur weitgehenden Fehlbildung des entstehenden Proteins.
c.203delA (ASP43ValfsX10)
Durch die Deletion, also Löschung eines Zeichens an Basenposition 203 verschiebt sich bei dieser Mutation das Leseraster der Aminosäuren-Codierungs-Sequenz um eine Stelle. Dies wird auch durch die Buchstabenfolge fs (=Frameshift) in der Proteinnotation ausgedrückt. Dies führt in der Folge schon wenige Tripletts später (Position 229) zur vorzeitigen Entstehung eines Stop-Codons, an dem die Bildung der Proteins abgebrochen wird. Unter “Leseraster” ist zu verstehen, dass immer 3 Basen zusammen ein Basentriplett (Codon) bilden, aus dem eine der 20 möglichen, unterschiedlichen Aminosäuren produziert wird. Wenn, wie im Fall dieser Mutation, eine einzelne Base gelöscht wurde, rutscht im Dreier-Leseraster für das betroffene und alle folgenden Codons die erste Base aus dem eigentlich erst nächsten Codon nach. Somit werden ab dieser Position alle Aminosäuren falsch codiert, und das entstehende Protein − und somit das MCAD-Enzym − ist weitgehend funktionslos. An vielen Stellen in der Basenabfolge entsteht durch die Verschiebung des Leserasters eines der drei möglichen Stop-Codons taa, tga oder tag, so dass eine frühe in der Basenfolge auftretende Deletion oder Insertion in den meisten Fällen zu einem verfrühten vollständigen Abbruch der Proteinbauphase führt.
c.927delC
Durch die Deletion eines Zeichens an Position 927 verschiebt sich bei dieser Mutation das Leseraster der Aminosäuren-Codierungs-Sequenz um eine Stelle (siehe c.203delA, so dass wenige Stellen (Position 940) nach dieser Mutation ein vorzeitiges Stop-Codon entsteht. Dieser Umstand geht zwar nicht aus der Mutationsbezeichnung hervor, kann aber leicht nachvollzogen werden, wenn man in der Nukleotidsequenz (Tabelle 5) das an Position 927 enthaltene “c” streicht und alle folgenden Buchstaben um eine Position nach links verschiebt. Dann entsteht an Position 940 genau die in der Tabelle bereits ab 941 blau markierte Folge “tga” als zusammengehöriges Triplett.
c.1114_1115insG
Diese Mutation führte zur Insertion einer zusätzlichen Guanin-Base zwischen den Basenpositionen 1114 und 1115, wodurch sich, wie zuvor beschrieben, eine Verschiebung des Leserasters um eine Stelle ergibt (siehe c.203delA) und an Position 1144 ein vorzeitiges Stop-Codon entsteht. Die Position 1114 befindet sich allerdings schon sehr weit am Ende des Gencodes, wodurch ein sehr großer Teil davor noch korrekt gebildet werden sollte. Je weiter hinten im Code ein Fehler auftritt, desto mehr Restaktivität hat üblicherweise der bis dahin gebildete Enzymabschnitt. Eine im Rahmen einer entsprechenden Studie durchgeführte Residualaktivitätsanalyse hat jedoch eine nur noch extrem geringe Restaktivität des Enzyms nachgewiesen. Insofern handelt es sich um eine mit K329E vergleichbare schwere Mutation.
c.901a>t (p.K301X)
Diese Mutation wurde anscheinend bislang erst einmal gefunden. Durch den Wechsel von Adenin nach Thymin an Basenposition 901 wird aus dem dort normalerweise stehenden Lysin-Codon (aag) ein verfrühtes Stop-Codon (tag), welches die Proteinbildung beendet. Das letzte Drittel der Codierungssequenz wird damit nutzlos, jedoch könnte das bis dahin ordnungsgemäß gebaute Protein noch einen relativ großen Restnutzen haben. Die Acylcarnitinwerte des Carrier-Elternteils lassen zumindest darauf schliessen.
c.244_245insT (p.D104X)
Diese Mutation führte zur Insertion einer zusätzlichen Thymin-Base zwischen den Basenpositionen 244 und 245, wodurch sich eine Verschiebung des Leserasters um eine Stelle ergibt (siehe c.203delA) und an den Basenposition 310-312 (Aminosäurenposition 104) ein vorzeitiges Stop-Codon entsteht. Die Position 310 befindet sich am Ende des ersten Viertels des Gencodes, wodurch ein extrem verkürztes Protein mit rund einem Viertel falsch codierter Aminosäuren gebildet wird. Dadurch steht fest, dass es sich hierbei um eine Mutation mit sehr schweren Auswirkungen handelt. Der hiervon gebildete Teil der MCAD-Enzyme ist zu nichts zu gebrauchen.